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Beitragsseiten

 

14.08.2009

Abstieg ins Basislager (4200 m)

Kurz nach 6:00 Uhr wird es hell, aber wir warten mit dem Zusammenräumen der Ausrüstung, bis die ersten Sonnenstrahlen das Zelt erreichen und dadurch die Temperaturen erträglicher sind. Eine halbe Stunde später ist unser Zelt leer und wir beginnen unverzüglich mit dem Abstieg.
Gegen 9:00 Uhr sind wir bereits wieder im Lager I. Judith ist zwischenzeitlich alleine abgestiegen und nach einer kurzen Pause steigen wir in einer 4er Seilschaft in der sengenden Hitze hinunter zum Basislager, wo wir gegen 12:00 Uhr ankommen.
Wir trinken erst einmal reichlich und genehmigen uns danach eine gründliche Körperreinigung, die auch ohne das zugesagte Duschzelt ganz gut zu bewerkstelligen geht. Schnell wird der Wunsch nach einem Bier laut und die Küchenmannschaft organisiert von den umliegenden Expeditionen ein paar Dosen von dem begehrten Getränk.
Nach dem ekelhaft schmeckenden Wasser und dem Tee in den Hochlagern eine willkommene Abwechslung. Zwei Stunden später treffen auch Stefan und seine Truppe im Basislager ein. Am Abend holt Stefan den aktuellen Wetterbericht von Karl Gabel in Innsbruck ein. Demnach soll in den nächsten beiden Tagen eine flache Störung unser Gebiet überqueren und etwas unbeständigeres Wetter bringen.
Am Abend zeigt sich der Pik Lenin in einem fantastischen Abendlicht und ist so klar wie noch nie zuvor zu sehen. Ein deutliches Zeichen für eine nahende Kaltfront. Nach dem Abendessen sitzen wir noch einige Zeit zusammen und unterhalten uns über die Ereignisse am Berg.

15.08.2009

Ruhetag im Basislager (4200 m)

Wir haben wunderbar in der Nacht geschlafen und werden mit einem wolkenlosen Himmel geweckt. Ein Bilderbuchwetter, das die Strapazen der vorausgegangenen Tage in den Hintergrund verdrängt und den Körper schnell regenerieren lässt. Gegen Mittag trifft unser Getränkenachschub ein, sodass wir für die Ruhetage ausreichend mit Cola, Fanta, Wasser und Bier versorgt sind. Am Nachmittag ziehen die ersten Wolken auf und der Wind frischt auf. Das unbeständige Wetter kündigt sich jetzt doch an und wir sind froh, dass die Hochlager bereits eingerichtet sind. Nach dem Abendessen sitzen wir noch lange zusammen und zur späten Stunde ist dann ein fantastischer Sternenhimmel zu sehen.

16.08.2009

Ruhetag im Basislager (4200 m)

Am Morgen ist der Himmel mit Wolken verhangen und es ist der ideale Ruhetag, bei dem man sich auch in den Zelten aufhalten kann, ohne vor Hitze umzukommen. Im Laufe des Vormittags zieht es immer mehr zu und es regnet und graupelt. Am späten Nachmittag erreicht uns die Kaltfront mit Gewittern und ausgiebigen Schnee und Graupelschauern.
Das Basislager gleicht einer Winterlandschaft und die zuckenden Blitze haben etwas Gespenstisches.
Als wir am Abend noch etwas zusammensitzen wir es rasch sehr kalt und wir verkriechen uns schnell in die warmen Schlafsäcke.
Bis gegen Mitternacht halten die Niederschläge an und danach klart der Himmel wieder auf. Ein fantastischer Sternenhimmel zeigt sich und die Milchstraße scheint direkt über uns zu liegen.

17.08.2009

Winterlandschaft im Basislager (4200 m)

Ein Basislager in winterlicher Landschaft bei fantastischem Sonnenschein verzaubert uns am Morgen. Wir befreien die Zelte von den Schneelasten und genießen den schönen Tag.
Es sind nur zwei Bergsteiger im Aufstieg zu sehen, die sich offensichtlich sehr schwer tun mit der Wegfindung. Wir warten erst einmal ab, wie sich die Lawinensituation bis zum Mittag entwickelt. Am Nachmittag richten wir dann doch die Rucksäcke für den nächsten Aufstieg zusammen.
Hier muss sehr sorgfältig gearbeitet werden, damit beim Gipfelgang nicht wichtige Dinge vergessen und dafür unwichtig Dinge mitgeschleppt werden. Das Wetter lässt uns am Abend noch zuversichtlich auf die nächsten Tage blicken und so gehen wir beruhigt in unsere Schlafsäcke. Es ist sternenklar und nur in den steppenartigen, vorgelagerten Landschaften, durch die wir bei der Anreise gefahren sind, hat es die ganze Nacht über Wetterleuchten.

18.08.2009

Erneuter Schneefall im Basislager (4200 m)

Um 5:00 Uhr ist wecken und wir packen schnell die Ausrüstung in den Rucksack. Eine halbe Stunde später sitzen wir am Frühstück und als wir danach losgehen wollen ziehen dicke Wolken aus Norden herein.
Wir beobachten das Wettergeschehen noch einige Zeit und entscheiden uns dann doch nicht aufzusteigen. Kaum ist das Material wieder in den Zelten verstaut, beginnt es zu schneien. Es lässt später dann wieder nach und die eine oder andere Stimme wir dann doch laut, wir hätten schon gehen können. Am Nachmittag holt Stefan den Wetterbericht von Karl Gabel in Innsbruck ein und nachdem feststeht, dass vorerst noch viel Wind am Gipfel sein wird, planen wir den 22.10.09 als Gipfeltag. Ein späterer Gipfeltag ist nicht möglich, da unser Rückreiseplan das nicht zulässt. Am späten Nachmittag beginnt es dann richtig zu schneien und am Abend ist im Schneegestöber das Basislager kaum noch zu sehen. Die Motivation sinkt an diesem Abend noch weiter herunter, wird allerdings durch das gute Abendessen wieder ausgeglichen.

19.08.2009

Abwarten im Basislager (4200 m)

Nach dem nächtlichen Schneefall gleicht das Basislager einer Winterlandschaft und wir müssen zuerst die Zelte vom Schnee befreien. Ein traumhafter Tag erwartet uns und es ist die beste Gelegenheit sich nochmals der Körperpflege zu widmen. Gegen Mittag ruft Stefan erneut bei Karl Gabel an und erkundigt sich über die Bedingungen in den nächsten Tagen. Samstag, der geplante Gipfeltag, soll mit 35 – 40 km/Stunde Wind recht gut werden.
Die Niederschlagsmenge soll in den nächsten Tagen bei 1 cm Neuschnee pro Tag liegen und ist damit vernachlässigbar gering. In der Nacht hat es im Basislager etwa 15 cm Neuschnee gegeben und es sind ein paar Lawinenabgänge zu sehen. Im weiteren Tagesverlauf sind aber keine weiteren Lawinenabgänge zu verzeichnen und mindestens 20 Bergsteiger kommen am Morgen von den Hochlagern herunter, wodurch die Route wieder gespurt ist.

20.08.2009

Aufstieg zum Lager I (Linsenlager 5300 m)

Um 5:00 Uhr ist wecken. Als wir die Zelte verlassen ist es sehr kalt und der Pik Lenin ist wolkenlos. Wir starten sehr zuversichtlich um 6:00 Uhr vom Basislager.
Wir können gleich zu Beginn ohne Stirnlampen gehen und sind nach etwas mehr als eine halbe Stunde am Anseilplatz. Nach dem Anlegen der Steigeisen und dem Einbinden ins Seil kommen wir in den Spuren vom Vortrag zügig voran. Es ist heute erheblich kälter als an den vorangegangenen Tagen, dafür können wir einen fantastischen Sonnenaufgang erleben.
Die Zone mit den großen Spalten liegt nach kurzer Zeit hinter uns und wir sehen die Zelte von Lager I. Nach Ankunft im Lager I müssen wir jedoch feststellen, dass der starke Wind offensichtlich ein Zelt mitgerissen hat.
Eine prekäre Situation, da wir nun zu wenig Schlafplätze in den Zelten zur Verfügung haben. Glücklicherweise stellt eine spanische Expedition, die unmittelbar neben uns zwei Zelte stehen hat, einen Schlafplatz in ihren Zelten zur Verfügung.
Nachdem die Zelte ausgeschaufelt sind, verbringen wir den Nachmittag in den von der Sonne extrem aufgeheizten Zelten und erholen uns für den morgigen Aufstieg. Hohe Schichtbewölkung kündigt eine Wetterverschlechterung an, die jedoch nicht zu dem uns vorliegenden Wetterbericht passt. Auch die Spanier neben uns sprechen von einer Wetterverschlechterung, die von den Einheimischen im Basislager verkündet werden.
Wir schenken erst einmal unserem Wetterbericht mehr Glauben und sind sehr zuversichtlich auf den morgigen Tag. Am Abend verdichtet sich die Bewölkung und Schneefall mit starkem Wind setzt eine. Erst als ich gegen Mitternacht kaum noch aus dem Zelt sehen kann, klingeln bei mir die Alarmglocken. Handelt es sich um Schneeverwehungen oder ist tatsächlich so viel Neuschnee gefallen? Im Licht der Stirnlampe kann ich das nicht beurteilen und hoffe das Beste für den nächsten Tag.

Extreme Lawinengefahr vereitelt einen Aufstieg zum Lager II

Die ganze Nacht hat es geschneit und als wir am Morgen aus dem Zelt sehen trauen wir unseren Augen nicht, es hat über einem halben Meter Neuschnee und ein Aufstieg zum Lager II ist sehr schnell fragwürdig.
Nachdem die Zelte von der Schneelast befreit sind, gehen Stefan und ich ein Stück hinter unseren Zelten nach oben um die Schneetiefe einschätzen zu können. Es bewahrheitet sich, dass hier und dort mehr als ein halben Meter Neuschnee liegt. Wir beratschlagen über die Lawinengefahr speziell an dem steilen Aufstieg zum Lager II.

Zu den ungünstigen Faktoren zählen:

  • Der extrem steile Hang (über 40°)
  • Neuschnee um oder über 50 cm
  • Starker Wind > 50 km/h
  • Tiefe Temperaturen (unter -10 °C)
  • Eine Exposition des Hanges nach NW – N
  • Eine extrem harte und breite Aufstiegsspur, wo die Bindung des Schnees sehr gering ist.

Wir kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass ein heutiger Aufstieg auf Lager II nicht zu verantworten ist. Stefan und ich teilen diese Einschätzung unseren Gruppen mit.

Wie so häufig entfacht in Stefans Gruppe ein gruppendynamischer Prozess bei dem der Gruppendruck zu einem Aufstieg enorm hoch ist. Ein Teil der Gruppe möchte auf jeden Fall noch den Gipfel versuchen und so gibt es eine Gruppe, die doch zum Lager II aufsteigen will. Sicher wäre auch ich lieber aufgestiegen und hätte, wenn der Gipfel nicht gegangen wäre, zumindest die Zelte von Lager II heruntergeholt. Unsere Essenvorräte sind jedoch nicht für ein Aussitzen in Lager I kalkuliert, und ob es in der kommenden Nacht nicht weiter schneit, ist in Anbetracht der Wolken in der Ferne eher fragwürdig. Der uns zur Verfügung stehenden Wetterbericht, war aus mir unerklärlichen Gründen, weit von dem entfernt, was sich tatsächlich eingestellt hat und so ist es mir lieber, ich kann ohne Lawinenabgang unterhalb der über 2000 m hohe Nordwand absteigen. Es bilden sich schlussendlich zwei Gruppen: Meine Gruppe und ein Teil von Stefans Gruppe steigen zum Basislager ab, der andere Teil steigt mit Stefan in Richtung Lager II auf. Die Spurarbeit nach unten ist anstrengend, da in den Mulden teilweise bis zu einem Meter Schnee liegt.
Nach zwei Stunden haben wir die Hälfte des Abstieges hinter uns, als zum vereinbarten Funkkontakt um 12:00 Uhr dann die Meldung von Stefan kommt:
Bei näherer Betrachtung des Hanges unterhalb von Lager II auch die letzten Zweifler von dem Ernst der Lage überzeugt sind und auch sie jetzt absteigen. Windverblasene gewellte Oberfläche (Dünen) über der steilen Aufstiegsspur zum Lager II sind vom Grat aus deutlich erkennbar gewesen, was ein weites Indiz für die Lawinengefahr ist, die wir vom Lager I nicht erkennen konnten. Nur gut, dass die Einsicht noch rechtzeitig bei allen gekommen ist.
Wir kommen wohlbehalten, aber etwas müde von den schweren Rucksäcken im Basislager an und lassen den Nachmittag gemütlich mit ein paar Flaschen Bier ausklingen. Die massiven Schneefälle haben auch im Basislager an die zwanzig Zentimeter Schnee gebracht, wie uns das Küchenpersonal berichtet.
Die 50 cm Neuschnee haben uns in massive Bedrängnis gebracht und führten schlussendlich zum Abbruch der Expedition. In der uns zur Verfügung stehenden Zeit ist weder ein weiterer Versuch die Zelte von Lager II zu bergen als auch eine Gipfelgang unmöglich.

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