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20.10.1989

Steiles und kombiniertes Gelände am „Gelben Turm“

Peter, Klaus, Wolfgang und ich beginnen gegen 6:00 Uhr mit dem Anbringen von Fixseilen am „Gelben Turm“. Das Gelände ist sehr steil und zudem hat der Schnee oberhalb des „Gelben Turms“ eine schlechte Haftung zum Untergrund. Hier drehen Klaus und Wolfgang um und steigen ins Basislager ab. Peter und ich versichern noch die Querung in die Nord-West Seite und steigen gegen 15:00 Uhr ins Lager II ab. Hilde und Lothar sind heute von Lager I nach Lager II aufgestiegen und so sind wir in der kommenden Nacht wieder zu viert im Lager II.

21.10.1989

Erster Gipfelversuch

Peter und ich starten um 6:00 Uhr vom Lager II zu einem Gipfelversuch, Hilde und Lothar folgen später. Der Aufstieg auf der Nordseite des „Gelben Turms“ gestaltet sich aber erheblich schwieriger als erwartet. Die Eisrinne ist stellenweise über 60° steil und es ist darin bitter kalt. Wir erreichen erst um 12:00 Uhr die sogenannte „Mushroom-Ridge“ auf ca. 6250 m Höhe. Oberhalb dieses Plateaus versichern wir das Gelände mit den restlichen zwei Seilen, die wir noch im Rucksack haben. An dieser Stelle brechen wir unseren Gipfelversuch ab. Schweren Herzens müssen wir uns eingestehen, dass ein weiterer Aufstieg ohne zusätzliche Seile nicht verantwortbar ist. Oberdrein sind wir zwischenzeitlich von Wolken umgeben und die Sicht ist entsprechend schlecht. Peter bleibt im Lager II und ich entscheide mich auf Grund fehlender Essensvorräte für den Abstieg zum Basislager. Kim und Günther, die im Aufstieg zum Lager II sind, treffe ich unterhalb vom „Roter Turm“. Wir unterhalten uns kurz und dann setze ich meinen Abstieg fort. Das Wetter verschlechtert sich weiter und es setzt Schneefall ein. Die Sicht ist jetzt sehr eingeschränkt und die Platten am Blockgrat vom Lager I zum Basislager sind spiegelglatt. Neben mehreren Ausrutschern auf den glatten Platten fällt es mir sehr schwer, überhaupt noch den richten Weg zu finden. Völlig erschöpft erreiche ich das Basislager gegen 17:00 Uhr. Am Abend denke ich immer wieder darüber nach, ob es die richtige Entscheidung war heute abzusteigen. Es tut aber auch gut wieder etwas zu essen und gemütlich in seinem Zelt im Basislager zu liegen.

22.10.1989

Gipfelerfolg und eine kalte Nacht

Der Tag beginnt mit herrlichem Sonnenschein und der Schnee, den es gestern und heute Nacht gegeben hat, ist schnell verschwunden. Während ich in der Sonne sitze und genüsslich Pfannkuchen esse beobachte ich mit dem Fernglas unser Team beim Aufstieg. Meinen Hunger kann ich stillen, aber mein Gewissen plagt mich dagegen umso mehr. Habe ich mit dem Abstieg ins Basislager meine Chance auf den Gipfel verschenkt? Irgendwann kann ich kaum noch klar denken und laufe im Lager herum wie von der Tarantel gestochen. Gegen 15:00 Uhr meldet sich Günther über Funk vom Gipfel und schildert uns die Lage. Neben ihm hat auch Peter und Kim den Gipfel erreicht, allerdings haben Hilde und Lothar rund 100 Meter unterhalb des Gipfels umgedreht. Die gesamte Mannschaft im Basislager freut sich riesig über den Erfolg. Aber wie Hans Kammerlander zu recht sagt „Der Gipfel gehört dir erst, wenn du wieder unten bist“ und das sollte sich auch heute bewahrheiten. Der Abstieg vom Gipfel geht wie in Zeitlupe und wir machen uns ernsthafte Sorgen um unsere Freunde. Gegen 18:00 Uhr kommt dann der erlösende Funkspruch aus dem Lager II, dass Hilde, Lothar und Peter dort angekommen sind. Peter klagt über Erfrierungen an den Zehen und von Kim und Günther gibt es im Moment keine Nachricht. Kurz bevor es dunkel wird meldet sich Günther wieder und teilt uns mit, dass Kim und er unterhalb der „Mushroom-Ridge“ ein Biwak einlegen werden. Mit diesen eher beunruhigenden Nachrichten gehe ich in meinen Schlafsack und kann lange nicht einschlafen.

23.10.1989

Aufstieg zum Lager II (6050 m)

Klaus, Wolfgang und ich starten gegen 8:00 Uhr vom Basislager mit ausreichend Verpflegung und Gas für einen neuen Gipfelversuch. Wolf Dieter und Berthold folgen uns etwas später. Nach zwei Stunden erreichen wir das Lager I und im weiteren Aufstieg treffen wir Kim und Günther, die das Biwak offensichtlich gut überstanden haben. Um 15:00 Uhr kommen wir im Lager II an und werden von Hilde und Lothar empfangen. Nach einer Ruhepause stellen wir die Ausrüstung für den morgigen Gipfelversuch zusammen. Die Aussicht von diesem Adlerhort ist überwältigend, aber heute ist bereits um 18:00 Uhr Nachtruhe, damit wir morgen ausgeschlafen starten können.

24.10.1989

Gipfeltag an der Ama Dablam (6814 m)

Um 4:30 Uhr klingelt der Wecker und wir beginnen mit dem Kochen. Pünktlich wie verabredet verlassen wir das Lager II um 6:00 Uhr. Nach zweieinhalb Stunden erreichen wir die „Mushroom-Ridge“ und ab dort geht es, bis auf zwei Stellen am Eisabbruch und an einem sehr steilen Gratrücken, ungesichert bis zum Gipfel. Die durchaus heiklen Passagen überwinden wir ohne nennenswerte Probleme und zusammen mit Klaus erreiche ich, bei bestem Wetter, um 12:00 Uhr den Gipfel. Innerhalb einer Stunde erreichen alle anderen aus unserem Team den Gipfel.
Ich kann es kaum fassen, dass mir der zweite Gipfel über 6000 m Höhe in meiner kurzen Expeditionsbergsteigerlaufbahn geglückt ist. Ich bin überglücklich hier oben zu stehen! Trotz dieser Glücksgefühle versuche ich klar zu denken und die Aussicht auf die umliegenden Bergriesen irgendwie einzuordnen. Bisher kannte ich diese Berge nur aus Büchern und bin überwältiget von der Vielzahl der Gipfel.
Ganz im Nord-Westen der Cho Oyu; im Nordosten Pumo Ri, Nuptse, Mount Everest, Lhotse; im Osten der Kangchenjunga, Baruntse und Makalu; im Südosten der Chamlang; im Süden der Hinku Himal; und im Südwesten der Chorong Himal.

Eine Benennung der einzelnen Gipfel vom Panorama der Ama Dablam erhalten sie unter himalaya-info.org

Als Hilde und Lothar um 12:30 Uhr den Gipfel erreichen beginne ich bereits mit dem Abstieg. Bei einer Hangneigung bis 60 Grad ist nochmals die volle Konzentration erforderlich. Erschöpft aber glücklich erreiche ich das Lager II gegen 16:00 Uhr. Die restlichen Teilnehmer sich alle wohlbehalten bis 17:00 Uhr im Lager.

25.10.1989

Mühsamer Abstieg in Basislager (4900 m)

Kurz nach 9:00 Uhr beginnen wir mit dem Abbau von Lager II und transportieren alles Material bis unterhalb des „Roter Turms“, wo uns dann unsere beiden Sherpas einen Teil der Ausrüstung abnehmen. Mit immer noch sehr schweren Rucksäcken geht es dann zum Lager I, wo wir gegen 11:00 Uhr eintreffen. Die Zelte sind bereits abgebaut und so nehmen wir die verbliebene Ausrüstung auf und steigen ins Basislager ab. Wie nahezu an jedem Nachmittag ziehen erneut Wolken auf und wir beeilen uns, um nicht in ein Schneetreiben zu geraten. Zur Mittagszeit treffen wir im Basislager ein und lassen uns von unserem Koch verwöhnen. Es gibt viel zu erzählen und so sitzen wir bis zum Abendessen im Essenszelt und unterhalten uns. Danach verschwinden alle umgehend in ihren Zelten. Auch ich liege in meinem Schlafsack, kann aber wegen starker Rückenschmerzen nicht einschlafen. Vermutlich habe ich mir mit meinem schweren Rucksack doch zu viel zugemutet. Mir bleibt nichts Anderes übrig, ich muss unseren Expeditionsarzt Kim aufwecken und mir Schmerzmittel geben lassen. Lange nach Mitternacht finde ich dann endlich meinen notwendigen Schlaf.

26.10.1989

Ruhetag im Basislager (4900 m)

In der letzten Nacht habe ich kaum geschlafen und so schäle ich mich mühsam um 8:30 Uhr aus meinem Schlafsack. Zielstrebig gehe ich zum Frühstückstisch, den die Küchenmannschaft trotz Nebeltreiben im Freien aufgestellt hat. Nach kurzer Zeit setzt sich dann die Sonne durch und wir können uns ausgiebig Zeit lasse beim Frühstücken. Porridge, Honig, Brot und natürliche die phänomenal guten Omeletts von unserm Koch sind dafür verantwortlich, dass wir lange am Tisch sitzen. Jeder erzählt nochmals wie es im am Berg ergangen ist und wir die restlichen Tage der Expedition gestaltet wollen. Am Nachmittag werden die Gepäckstücke für den Flug von Lukla nach Kathmandu auf 15 kg austariert, da diese morgen mit Tragtieren nach Lukla gebracht werden sollen.

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