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11.05.1991

Aufstieg nach Lager II (6300 m)

Heute ist es nahezu windstill, als wir mit den Skiern den Aufstieg zum Lager II beginnen. Dabei ziehen wir unsere Ausrüstung in Plastikschlitten hinter uns her. Der Aufstieg mit den Schlitten im Schlepptau erweist sich aber erheblich schwieriger als erwartet und ob es letztlich eine Erleichterung ist, mag dahingestellt sein. Gegen Mittag erreichen wir das Lager II bei recht starkem Sturm. Unsere Sherpas waren erheblich schneller als wir und konnten unsere Zelte bei noch weniger starkem Wind aufbauen. Denn bei unserer Ankunft wäre uns das kaum noch gelungen. Schnell verziehen wir uns in die Zelte und trocknen unsere Ausrüstung über dem Gaskocher. In der Nacht nimmt der Sturm weiter zu und heftiger Schneefall setzt ein.

12.05.1991

Spaltensturz in über 6000 m Höhe

Nach der stürmischen Nacht scheint am Morgen wieder die Sonne und wir machen uns gegen 8:00 Uhr auf den Weg zum nächsthöheren Lager. Der Aufstieg erfolgt in dem Gletscherkessel auf dem Shisha Pangma-Gletscher unterhalb der steilen Nordwand der Shisha Pangma. Das Gelände ist zwar nicht übermäßig steil, aber die Distanz hat es doch in sich. Erst gegen 14:00 Uhr erreichen wir die Stelle, an der wir unser Depot in 6800 m Höhe einrichten. Neben der persönlichen Ausrüstung haben wir Zelte, Seile, Firnanker und natürlich die wichtigen Fähnchen zum Markieren der Aufstiegsspur mit nach oben gebracht. Im Anschluss fahren wir langsam hinunter zum Lager II. Auf dieser Abfahrt verschwinde ich plötzlich in einer Spalte. Es ist mein erster Spaltensturz überhaupt. Plötzlich ist es dunkel um mich herum und unter mir tut sich ein dunkler Schlund auf. Zu allem Übel bricht ein großer Bereich des Schnees am Spaltenrand ab und fällt direkt auf mich. Mein erster Gedanke ist: „Da komme ich nicht mehr lebendig heraus“. Es dauert ein paar Minuten, bis ich wieder klar denken kann. Zum Glück kann ich all meine Gliedmaßen bewegen und nur der Kopf schmerzt von den Schneemassen, die auf mich heruntergefallen sind. Einer meiner Skistöcke liegt gut 20 Meter weiter unten auf einer Schneebrücke, aber meine restliche Ausrüstung ist noch an mir und ich hänge am Seil. Schon nach kurzer Zeit ist mir richtig kalt und ich hoffe, meine Bergsteigerkollegen können mich irgendwie herausziehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit höre ich dann die Stimme von Günther, der mir zu verstehen gibt, dass ich jetzt nach oben gezogen werde. Tatsächlich bewegt sich das Seil und ich komme Schritt für Schritt näher an den Spaltenrand. Mit einiger Mühe überwinde ich den Spaltenrand und freue mich über die aufmunterten Wort von Günther. Völlig unterkühlt und demoralisiert setze ich meine Abfahrt fort. Im Eisbruch deponiere ich dann meine Skier uns setze den Abstieg zu Fuß weiter fort. Gegen 18:00 Uhr treffen wir im Lager I ein und werden mit einer warmen Suppe empfangen, die einer unserer Sherpas zwischenzeitlich zubereitet hat. Langsam komme ich wieder auf meine Betriebstemperatur und kann mich danach in meinem warmen Schlafsack von diesem Schreck erholen. Es ist eben was Anderes, ob man einen Spaltensturz bei optimalen Bedingungen in den Alpen übt oder unerwartet in über 6000 m Höhe in einer riesigen und tiefen Spalte verschwindet. Selbstverständlich sind wir am Seil gesichert abgefahren, aber sich in einer solchen Höhe ernsthaft zu verletzen bedeutet für alle beteiligten absolute Lebensgefahr. Zum Glück ist alles gut gegangen!

13.05.1991

Abstieg ins Basislager (5100 m)

Bei herrlichem Wetter machen wir uns gegen 9:00 Uhr auf den Weg hinunter zum Basislager. Nach viereinhalb Stunden erreichen wir das Basislager und können uns dort von unserem Koch Dirda verwöhnen lassen. Dirda kann jeden mit seinen Kochkünsten begeistern. Das hat es bereit an der Ama Dablam (1989) und der Cho Oyu Expedition (1990) reichlich unter Beweis gestellt. Wie schon in den vergangenen Tagen wird es am Abend sehr windig und alle verschwinden nach den Abendessen schnell in den Zelten.

14.05.1991

Ruhetag im Basislager (5100 m)

Nach dem Frühstück gehe ich hinunter zum Lager der Belgier (Fahrerlager) und kaufe von Mark für 80$ seine Skistöcke ab. Das hatten wir bereits im Lager I vereinbart, so dass ich jetzt wieder ein komplettes Paar habe. Nach diesem gut dreistündigen Ausflug besprechen wir die weitere Taktik am Berg mit Günther.

15.05.1991

Ausflug zum Gletscher (5300 m)

Heute Morgen startet die zweite Gruppe zur Akklimatisation zum Lager I. Ich begleite sie bis zum Beginn des Gletschers, um weitere Bilder von der Shisha Pangma zu machen. Gegen Mittag bin ich wieder zurück im Basislager. Bereits am Morgen haben Cirren am Himmel eine Wetterverschlechterung angekündigt und so verschwindet unser Berg gegen Mittag in den Wolken. Aber es wäre nicht Tibet, wenn sich nicht kurz darauf wieder eine Wetterbesserung einstellen würde. Am Abend haben wir zumindest wieder einen schönen Sonnenuntergang.

16.05.1991

Vorbereitungen für den Gipfelsturm (5100 m)

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen unseres nächsten Aufstieges. Dabei wollen wir nach Möglichkeit auch den Gipfel erreichen. Ich überlege mir sehr lange, was ich noch alles für den Aufstieg zum Gipfel benötige und noch nicht in einem der Lager deponiert habe. Dirga hat es mit der reichlichen Zubereitung von Kohl sicher gut gemeint, aber in der vergangenen Nacht haben heftige Blähungen mir den Schlaf raubt. Zudem ist vermutlich meine ISO-Matte durchgelegen und mein Rücken schmerzt. Aus diesem Grund bin ich heute nicht so richtig fit und hoffe, dass sich das bis morgen wieder bessert.

17.05.1991

Aufstieg zum Lager I (5800 m)

Für den heutigen Aufstieg wählen wir den Panoramaweg über die Seitenmoräne, der schöner aber auch weiter ist. Wir benötigen dazu rund acht Stunden und kommen bei leichtem Schneefall im Lager I an.

18.05.1991

Langer Aufstieg zum Lager III (6800 m)

Um 7:00 Uhr beginnen wir mit dem Aufstieg zum Lager II. Nachdem uns der Weg bekannt ist, kommen wir auch gut voran und machen in Lager II zunächst eine Pause um Tee zu kochen. Danach geht es weiter zu unserem Depot, das wir vor einigen Tagen eingerichtet haben. Die Belgier haben hier bereit die Zelte aufgebaut und wir lassen und direkt daneben nieder. Das Lager befindet sich ganz zu Beginn des großen vergletscherten Hochtals des „Korridors“ in 6800 m Höhe. Die Aussicht auf die Nordwand der Shisha Pangma und den Korridor sind atemberaubend. Glücklicherweise haben unsere Sherpas die Zelte bereits vor unserer Ankunft aufgestellt, sodass wir sofort mit dem Kochen beginnen können.

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