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01. Juli 1999

Aufstieg zum Lager IV

Die beiden Teilnehmer der französischen Expedition gehen irgendwann nach Mitternacht an unseren Zelten vorbei und wollen von hier aus den Gipfelversuch starten. Es dauert jedoch nicht lange, da hören wir erneut Schritte, allerdings im Abstieg. Die ungünstigen Schneeverhältnisse haben die Beiden sehr schnell zur Umkehr gezwungen.
Nach Tagesanbruch schließen sie sich uns an und wir steigen gemeinsam in Richtung Lager IV hinauf. Eine Felspassage unterhalb der Bazhin-Mulde müssen wir noch mit 150 m Fixseil versehen, damit der Rückweg sicher möglich ist. Nach diesem Abschnitt können den Gipfelaufbau sehen. Endlich haben wir die Bazhin-Mulde erreicht und die Geländesteilheit nimmt ab. Wir suchen einen geeigneten Platz für unser Lager IV und stellen hier unsere Zelte in 7100 m Höhe auf.
Der Weg von hier zum Gipfel ist immer noch sehr weit und wir wollen möglichst früh morgen aufbrechen. Wir versuchen uns so gut es geht auszuruhen, und auf dem morgigen Tag zu konzentrieren.

02. Juli 1999

Gipfeltag

Um 0:00 Uhr klingelt der Wecker und ich schaue als Allererstes nach dem Wetter. Es ist sternenklar aber es geht ein sehr starker Wind. Wir beraten uns, was wir tun sollen. Schlussendlich verkriechen wir uns wieder in unsere warmen Schlafsäcke und hoffen, dass der Wind möglichst bald nachlässt. Geben 2:00 Uhr, beginnen wir uns dann für den Aufbruch herzurichten und eine Stunde später stehen wir vor den Zelten. Es ist immer noch bitterkalt, aber es bleibt uns keine Wahl, entweder wir starten nun oder es wird zu spät für den Aufstieg.
Zuerst queren wir die Bazhin-Mulde bis zum großen Eisfeld, das direkt nach oben in Richtung Gipfel führt. Die Schneeverhältnisse sind alles andere als gut und wir sinken bei jedem Schritt zum Teil knietief ein. Das kosten Zeit und Kraft und wir kommen nur langsam voran. Erst gegen 14:00 Uhr erreichen wir den Felsaufbau, der bis zum Gipfel hinauf reicht. Zuerst geht es mühsam entlang des Felsaufbaus im Schnee und dann im Felsen. Hier müssen noch zwei Felshöcker umgangen werden, bis wir dann den Gipfel erreichen.
Leider ist die Sicht sehr schlecht und wir können nur schemenhaft das Gelände um uns herum erkennen. Wir stehen aber unzweifelhaft auf dem höchsten Punkt und Michael, Nicolas und ich fallen uns in die Arme. Ein Blick auf die Uhr bringt uns allerdings sehr schnell wieder zurück in die harte Realität. 16:00 Uhr und wir sind am Gipfel – sehr spät und zu allem Übel wird die Sicht von Minute zu Minute schlechter. Mehrere Teilnehmer und unsere Hochträger sind bereits im Abstieg, Peter ist aber noch im Aufstieg. Hier oben kann ich nicht auf Peter warten, da es zu kalt ist und so beginne ich auch mit dem Abstieg.
Die Orientierung ist unendlich schwierig, da die Sichtweite nur noch wenige Meter beträgt. Das sehr steile Gelände und die Müdigkeit zwingen mich, zum größten Teil rückwärts abzusteigen. Die Gruppe zieht sich immer weiter auseinander und plötzlich bin ich allein. Unter und über mir kann ich niemand mehr sehen, aber Peter muss noch oberhalb von mir sein. Ich rufe nach ihm, bekomme aber keine Antwort und so warte ich eine geraume Zeit auf ihn. Inzwischen ist es schon nach 18:00 Uhr und in mir stellt sich eine gewisse Panikstimmung ein. Allein ohne Sicht in 7700 m Höhe – eine Horrorvorstellung – mir kommt Hermann Buhl, mein großes Vorbild und sein Biwak am Nanga Parbat in den Kopf.
Plötzlich höre ich etwas über mir und nach ein paar Minuten kann ich Peter erkennen. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Wir steigen gemeinsam ca. 50 Meter ab, können dann aber den Weiterweg nicht finden. Spuren sind keine mehr zu erkennen und es gibt drei Schneerinnen, die wir zur Auswahl haben. Wir warten wieder einige Zeit und dann reißt es noch mal kurz auf und wir können unseren Frühststückplatz unterhalb von uns erkennen zu dem wir absteigen. Nach dem Erreichen des Platzes ist die Sicht aber gleich Null und wir müssen uns für ein Biwak entscheiden. Eine Situation, mit der ich zuerst gar nicht umgehen kann. Kann man in 7600 m mit minimaler Ausrüstung eine Nacht überleben? Darauf habe ich keine Antwort, aber ich glaube fest daran, dass ich das durchstehen kann. Herman Buhl hat es geschafft – warum sollten wir zwei das nicht auch schafften? Wir packen unser Biwaksäcke aus und jeder verkriecht sich in seinem. Mein Zweimann-Biwaksack bietet zumindest so viel Platz, dass ich mich darin zusammen mit dem Rucksack verkriechen kann und vor dem starken Sturm geschützt bin. Jetzt ist es mir auch möglich die Handschuhe auszuziehen, und mein Energieriegel aus dem Rucksack zu holen. Wenigstens etwas essen – die Trinkflasche ist schon lange leer und so stellt sich ein trockener Hals ein, der immer mehr schmerzt. Der Sturm zerrt immer stärken am Biwaksack, sodass ich in mit Steine beschwere, damit ich nicht davon geblasen werden kann. Glücklicherweise habe ich noch ein paar Wärmepakete, die ich in meine Handschuhe lege und so zumindest warme Finger habe. Das ist auch dringend notwendig, da der Verschluss des Biwaksacks immer wieder vom Sturm aufgerissen wir und ich zum Schließen die Handschuhe ausziehen muss. Ich verfluche den Konstrukteur der unzulänglichen Verschließtechnik. Wieder mal ein Produkt erwischt, das in Extremsituation versagt. Das Resultat sind angefrorene Fingerspitzen.

03. Juli 1999

Das rettende Lager IV erreicht

Irgendwann in der Nacht habe ich sogar etwas Schlaf gefunden, aber als wir dann bei Tagesdämmern aufbrechen wollen, sind wir beide stocksteif. Er dauert einige Zeit, bis wir überhaupt gehen können. Ich fühle mich noch einigermaßen gut, Peter geht es richtig schlecht und so steigen wir langsam die steilen Firnhänge nach unten. Das Wetter ist heute glücklicherweise sehr gut und wir können bald bei unserem Lager IV Personen erkennen, die uns entgegen gehen.
In der Bazhin-Mulde treffen wir dann auf Hassan unseren Hochträger und Mads, die uns heißen Tee bringen. Peter und ich sind so ausgetrocknet, dass wir keinen Ton herausbringen und erst einmal unseren Flüssigkeitshaushalt auffüllen müssen. Wir berichten kurz unsere Erlebnisse und steigen dann gemeinsam ab zum Lager IV, wo wir gegen 8:00 Uhr eintreffen. Allan, Nicolas und Michael und sein Klient machen sich gerade bereit zum Abstieg und sie wollen gleich Lager II abbauen und mit nach unten nehmen. Peter und ich haben nicht die Kraft für einen Abstieg und so bleiben Hassan und Mads mit uns im Lager IV. Im Laufe des Tages wird das Wetter wieder unbeständig und so bleiben wir die meiste Zeit in unseren Schlafsäcken, trinken viel und behandeln die leicht angefrorenen Finger. Mads berichtet uns, wie es den anderen Teilnehmern am Vortag gegangen ist. Alle habe das rettende Lager erst spät in der Nacht nach stundenlangem Umherirren erreicht. Eine sehr ernste Situation, die auch schnell fatale Folgen hätte haben können.

04. Juli 1999

Abstieg ins Basislager

Nachdem die Sonne die Zelte erreicht hat und angenehme Temperaturen darin bereitet, beginnen wir mit dem Aufbruch. Die Zelte und die restlichen Ausrüstungsgegenstände teilen wir auf und haben zum Schluss riesige Rucksäcke.
Noch einmal ein Blick zurück zum Gipfelaufbau, der uns in eine lebensgefährliche Situation gebracht hat und wo wir nur mit eiserner Willenskraft diese Nacht oben überstanden haben. Wir beginnen mit dem Abstieg, wobei gleich die Querung unterhalb des Lagers sehr heikel ist, da hier die Fixpunkte zum Teil herausgerissen sind. Als wir gegen 11:00 Uhr das Lager II erreichen, sind wir schon wieder in einem Wolkenmeer eingeschlossen, aber die Wegefindung ist jetzt kein Problem mehr. Unterhalb der Kinshoferwand ist der Schnee schon sehr weich und wir müssen mit äußerster Vorsicht absteigen.
Jetzt noch eine Lawine auslösen wäre fatal. Vor allem schwinden zusehends unsere Kräfte und wir stolpern nur noch so dahin. Unterhalb Lager I empfängt uns dann unser Koch Hermann und weitere Träger und nehmen uns die schweren Rucksäcke ab. Jetzt geht es mit unseren verbleibenden Kraftreserven wenigsten einigermaßen wieder. Nachdem wir den Gletscher gequert haben, erwarten uns die Begleitoffiziere und sprechen uns ihre Glückwünsche aus. Nach der Entgegennahme des Handschlags steigen wir gemeinsam zum Basislager ab, wo wir um 18:00 Uhr eintreffen. Ich ziehe nur fische Wäsche an und dann genießen wir zusammen erst einmal das Abendessen. Es gibt an diesem Abend noch einiges zu erzählen, falle aber dann doch todmüde in meinen Schlafsack und träume selig vor mich hin.

05. Juli 1999

Abreise vom Basislager

Gleich nach dem Frühstück packen wir unser e Ausrüstung zusammen und bereiten alles für die Abreise vor. Es ist gar nicht so einfach, all die Dinge wieder sorgfältig zu verpacken und in den dafür vorgesehenen Transportbehälter zu verstauen.
Noch vor dem Mittag treffen die informierten Träger wieder im Basislager ein und keine zwei Stunden später ist unser Lagerplatz geräumt, alles beseitigt - und wir auf dem Weg ins Tal. Die Träger wählen einen anderen Weg wie bei der Anreise und so bin ich voll und ganz auf sie angewiesen, da ich keine gute Karte von diesem Gebiet besitze.
Wir kommen an mehreren kleinen Ortschaften vorbei, wo ich dann auch häufig zu einem Tee eingeladen werde. Es ist ein langer Tag und so erreichen wir erst kurz vor der Dunkelheit den Ort, wo wir übernachten wollen. Für viele Träger ist der Weg zu weit und so haben wir heute keinen Zugriff auf unsere Ausrüstung, was eine Nacht ohne Schlafsack bedeutet. Wie sind zwar in einer kleinen Hütte ohne Feuerstelle untergebracht, an Schlafen war bei den vorherrschenden Temperaturen jedoch nicht denken.

06. Juli 1999

Zurück in die Zivilisation

Wir laufen etwa in nordwestlicher Richtung vom Nanga Parbat weg aus dem langen Tal in tiefere Lagen runter. Auch wenn ich mich von Zeit zu Zeit umdrehe, der Berg wird nicht nennenswert kleiner. Was für ein Riese! Da standen wir oben? Richtig realisiert habe ich das noch nicht. Und heute kommt bei mir die Müdigkeit durch die Anstrengungen der letzten Zeit deutlich zum Durchbruch. Langsam und mich bereits quälend bewege ich mich auf den staubig steinigen Wegen in Richtung Tal. Ich sehne mich jetzt furchtbar nach einem gemütlichen Bett. Aber dazu müssen wir erst einmal zu einem Hotel kommen. Der Abstieg zur Hallal Brücke dauert dann doch noch sieben lange Stunden und dort gibt es dann wieder eine Überraschung: Es steht nur ein einziger Jeep für uns bereit. Aber diskutieren nützt jetzt nichts. Zu siebt zwängen wir uns drauf, während er Fahrer noch hinzukommt und am meisten Platz hat und schon beginnt die Höllenfahrt auf der schmalen und staubigen Straße bis zur Karakorum Highway hinunter. Hier ist es dann bei 45 °C schon wieder unerträglich heiß. Vor drei Tagen habe ich noch bei –40 °C biwakiert und jetzt habe ich +45 °C, unglaubliche 85 °C Differenz!
Am frühen Nachmittag sitzen wir dann im Chilas Inn und genießen das Mittagessen in einem klimatisierten Raum. Nicht dass das Essen hier besonders herausragend schmecken würde, in den Lagern haben wir immer fein gegessen, aber nach so einer langen Zeit wieder mal ein einem normalen Tisch sitzen zu können, das hat einfach was unbeschreiblich Angenehmes. Peter und ich packen hier dann unsere Ausrüstung für den K2 zusammen und schicken diese auch von hier gleich nach Skardu weiter. Dort werden wir in ein paar Tagen wohl auch eintreffen werden, allerdings erst nach der Rückmeldung in der Hauptstadt und daher mit Umweg.

07. Juli 1999

Überflutete Straßen nach einem Gewitter

Für die weitere Fahrt nach Islamabad haben wir dann einen kleinen Bus für uns und somit ist die heutige Fahrt erheblich angenehmer wie gestern mit dem Jeep. Allerdings ist die fast 900 km lange Fahrt auf dem Karakorum Highway immer eine Herausforderung an das Sitzfleisch. Als Heilsalbe dafür erhält man grandiose Eindrücke, wenn man aus den Fenstern sieht.
Am Nachmittag sorgt ein Gewitter für überschwemmte Straßen und wir müssen an mehreren Stellen warten, bis die stürzenden Fluten wieder zurückgehen und wir die Fahrt durch die Abläufe fortsetzen können. Kurz vor Mitternacht kommen wir dann völlig geschafft und durchgeschwitzt im Hotel an. Notdürftige Katzenwäsche und danach sofort rein in das weiche Bett. Was für eine Wohltat das ist!

08. Juli 1999

Abschied am Flughafen

Unsere Nanga Parbat Expedition geht hier offiziell zu Ende. Aber Peter und ich haben noch was vor in diesem Land, das fünf Achttausender zu bieten hat. Die anderen Kollegen müssen alle heim. Wir begleiten Sie zum Flughafen und verabschieden uns dort, was nach so langer gemeinsamer Zeit überhaupt nicht leicht fällt. Wir sind am Berg zu einem starken Team zusammengewachsen und waren sogar überaus erfolgreich. So eine große Gruppe stand noch nie am Stück da oben. Am Nachmittag nehme ich Kontakt zu meiner Firma auf, bei der ich angestellt bin, und bringe das mit der zwar vorab vage angemeldeten, aber jetzt doch notwendigen Urlaubsverlängerung in trockene Tücher. Peter ist auch noch freigestellt. Jetzt können wir sowohl den Flug nach Skardu buchen als auch die Genehmigung für den K2 beim Ministerium unter Dach und Fach bringen.

09. Juli 1999

Vorbereitungen für den K2

Der heutige Tag steht ganz in den Vorbereitungen für den K2. Viele Kleinigkeiten sind noch zu besorgen und auch der Gang zum Friseur ist unumgänglich. Für Morgen haben wir einen Flug nach Skardu, der aber immer nur bei gutem Wetter stattfindet, das nicht nur am Flugplatz, sondern besonders unterwegs ziemlich wolkenfrei sein muss. Und das wird gewöhnlich erst in der letzten Minute vor dem Abflug abgefragt. Da kommt es wirklich auf jede Minute an, denn die Wetter im höchsten unserer Gebirge wechseln rasant.

10. Juli 1999

Flug nach Skardu

Der Flug von Islamabad nach Skardu findet bei bestem Wetter statt und so landen wir nach einer Stunde Flugzeit in dieser kleinen Stadt im Norden Pakistans. Die Stadt hat sich entlang der durch sie führenden Hauptstraße entwickelt. Zu beiden Seiten der Straße befindet sich der Neue Basar mit Hunderten von Geschäften, in denen vom Trekking-Bedarf bis zu lokalen Waren alles zu kaufen ist. In diesen Geschäften besorgen wir uns noch das ein oder andere für den langen Anmarsch zum Basislager. Im Anschluss geht es in das Bergsteigerhotel K2, das mir schon von vorangegangen Expeditionen gut bekannt ist. Im Innenhof sind auch die Plakate mir den Bildern von diesen Expeditionen immer noch aufgehängt. Vor allem der Hotelgarten mit den herrlichen Blumenbeeten ist eine Bereicherung in der sonst tristen und staubigen Gegend. Denn jetzt nach der Nanga Parbat Exedition sich nochmals voll zu motivieren ist zumindest hier in Skardu sehr schwer.

11. Juli 1999

Fahrt nach Askole

Bereits um 6 Uhr starten wir mit den Jeeps und sind wenig später bereits auf den staubigen Straßen in Richtung Askole unterwegs. Vor uns liegen 120 km wilde Fahrt über Stock und Stein auf teilweise sehr schlechten Pisten, die durchaus nicht ganz ungefährlich sind. Auf jeden Fall ein tolles und einmaliges Erlebnis, von dem man noch viele Jahre erzählen kann! An einer Stelle ist die Straße unterbrochen und wechseln die Fahrzeuge mit denen, die hinter der Unterbrechung stehen. Das Wetter ist unbeständig und es regnet immer wieder. Zudem schlägt mir das Geschaukel auf den Mangen, wie sich nicht positiv auf mein Wohlbefinden auswirkt. Schließlich erreichen wir Askole auf 3050 Meter gegen 15 Uhr und bauen dort unser Lager für die kommende Nacht auf. Hier endet die Straße und der Weiterweg ist nur zu Fuß möglich.

12. Juli 1999

Von Askole nach Bardumal

Meine Magenverstimmung ist immer noch vorhanden und so quäle ich mich auf dieser Etappe doch ganz schön. Das Wetter leistet seinen Beitrag ebenso dazu, immer wieder regnet es und von der Landschaft ist nicht allzu viel zu sehen. Auch bei unseren 40 Träger vermisse ich die sonst eher unbeschwerte Gangart. Sie drücken auf Tempo und möchten möglichst schnell das Tageziel erreichen. Aber was soll es, wir brauchen erst auf dem Baltoro Gletscher schönes Wetter, um die einmalige Bergkulisse genießen zu können.

13. Juli 1999

Von Bardumal nach Payu

Am Morgen regnet es noch, später ist es dann weitgehend trocken und es ist angenehm zu gehen. Der Weg führt immer entlang des Braldo Flusses. Mir geht es auch wieder besser und so freue ich mich schon auf Trango-Gruppe, die von Payu (3650 m) aus gut zu sehen ist. Üblicherweise legen die Träger hier einen Ruhetag ein, um sich zu erholen und Tschapatis für die langen Etappen auf dem Baltoro Gletscher vorzubereiten. Für unsere 40 Träger haben wir Nahrungsmittel dabei, sodass sie auf diesen Ruhetag verzichten und wir schneller im Basislager sind.

14. Juli 1999

Von Payu nach Urdukas

Wolkenloser Himmel, genau zum richtigen Zeitpunkt! Der "Nameless Tower", die Trangotürme und die so imposante "Kathedrale" sind gut zu sehen. Bei dieser Etappe muss der Baltoro-Gletscher oberhalb der Gletscherzunge mühsam gequert werden. Danach verläuft der Weg am Gletscherrand oder auf der Randmoräne bis zu unserem Tagesziel Urdukas in 4100 m Höhe, das wir gegen Mittag erreichen. Von dieser Aussichtskanzel haben wir jetzt genügend Zeit bis zum Abend, die Aussicht auf die Felsgiganten zu genieße.

15. Juli 1999

Von Urdukas zum Concordiaplatz

Entgegen der üblichen Tagesetappe bin zu Gore II gehen wir heute bin kurz vor dem Concordiaplatz. Vor dort aus kann das K2 Basislager in einem Tag erreicht werden, wodurch wir einen weiteren Tag sparen. Die Aussicht auf die Berge wie Masherbrum (7821 m), Gasherbrum IV (7925 m), Mitre Peak (6025 m), Baltoro Kangri (7280 m), Broad Peak (8051 m) lassen die Zeit wie im Flug vergehen. In der Nacht träume ich schon vom K2, in dessen Basislager wir bereits morgen schlafen werden.

16. Juli 1999

Vom Concordiaplatz zum K2 Basislager

Ein Bilderbuchwetter beflügelt uns heute, die Distanz zum K2 Basislager möglichst schnell zurückzulegen. Im Broad Peak Basislager machen wir einen Zwischenstopp und werden von einer Schweizer Expedition zum Essen eingeladen. Im Anschluss geht es immer mit dem Blick auf den K2 mit der gut einsehbaren steilen und klettertechnisch anspruchsvollere Cesen-Route zum K2 Basislager in 5200 m Höhe. Dort erwartet uns jedoch eine schlechte Nachricht: Die italienische Expedition, der wir uns angeschlossen haben, hat einen Toten durch Steinschlag zu beklagen und ist bereits im Begriff, abzureisen.
Zum selben Zeitpunkt funkte der Südtiroler Top-Alpinist Hans Kammerlander, mit dem ich bereits 1991 an der Nordseite des Mount Everest gewesen bin, zu uns ins Basislager herunter, dass er in 7600 m Höhe mit seinem Partner Konrad Auer in brusttiefem Schnee stecke und kaum noch eine Chance für eine Besteigung des K2 sehe.
Sie wollen noch probieren, wie weit sie kommen, zum Gipfel reicht es aber sicher nicht. Innerhalb einer Stunde wiegen Peter und ich die Erfolgschancen und das Risiko gegeneinander ab. Nein, es wird zu lange dauern, bis der viele Schnee sich setzt oder abgeht. Diese Zeit haben wir nicht mehr. Wir entscheiden uns noch auf dem Fuß zum Abbruch der Expedition Teil II und wollen morgen wieder absteigen.

17. Juli 1999

Vom K2 Basislager nach Gore II

Frustriert und in sich gekehrt kehren Peter und ich den Rückweg an. Immer wieder kreisen meine Gedanken über der Entscheidung, die Expedition abzubrechen. Was es übereilt oder habe wir die Vernunft walten lassen? Das Grübeln schlägt mir auf den Magen und ich fühle mich abgeschlagen und kraftlos.

18. Juli 1999

Von Gore II nach Payu

Wieder ziehen die wunderbaren Traumberge „Kathedrale", die „Trangotürme" und der „Nameless Tower" an uns vorbei. Zwischen habe ich mich mental auch mit unserer Entscheidung arrangiert, aber der Schmerz über den Abbruch zu diesem frühen Zeitpunkt bleibt. Am Abend lassen wir den Baltoro-Gletscher hinter uns und habe wieder Boden unter den Füßen.

19. Juli 1999

Von Payu nach Bardumal

Im Eilschritt wollen wir jetzt wieder in die Zivilisation, müssen dabei allerdings durch einige eiskalte Bäche hindurchgehen, die uns aus unseren Gedanken reißt.

Ende der Doppelexpedition

Doch ordentlich von den Strapazen gekennzeichnet und sehr müde treffen wir nach weiteren 6 Tagen wieder in Islamabad ein. Wir sind abgemagert und sehen sicher sehr wild aus. Einerseits sind wir sehr glücklich über die gelungene Besteigung des Nanga Parbat, anderseits aber auch enttäuscht über das vom Wetter vereitelte K2-Unternehmen. Schade, wir sind hervorragend akklimatisiert und hoch motiviert sowie komplett ausgerüstet. Ganz klar, Wetter und Umstände müssen passen, sonst geht da gar nichts. Wenn Top-Alpinisten oben aufgeben müssen, brauchen wir uns auch nicht abzumühen.

Furchtbar war auch, dass es den Toten gegeben hat. Nach meinem Wissensstand hat in diesem Jahr, bedingt durch das schlechte Wetter, niemand auf dem Gipfel des K2 gestanden. Mit dem gegenseitig ausgesprochenen Wunsch, es irgendwann trotzdem noch einmal mit einer erfahrenen und konditionsstarken Gruppe an den K2 zurückzukehren, fliegen Peter Guggemos und ich zurück nach Deutschland.

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