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Beitragsseiten

Makalu (8475 m) Tagebuch 2000

02. April 2000

Tag der Abreise

Gegen 20 Uhr treffen Peter, Bernd und ich uns beim Royal Nepal Airlines Schalter am Flughafen in Frankfurt. Nach herzlicher Begrüßung und Begutachtung unseres umfangreichen Gepäcks geben wir dieses am Fluglinien-Schalter auf und stoßen danach die mit Sekt gefüllten Gläser auf ein gutes Gelingen der Expedition an. Mit 15minütiger Verspätung heben wir um 23:45 Uhr von Frankfurt ab und lassen nun die ganze hektische Vorbereitungszeit hinter uns.

Das Trainingsprogramm hatte sich über viele Monate hingezogen. Täglich habe ich ein Laufpensum von 12 bis 15 km absolviert, meistens noch vor Arbeitsbeginn, um 4:30 Uhr, wenn andere noch gemütlich im Bett liegen. Beim 21,5 km langen Nikolaus-Lauf in Tübingen konnte ich mich dann auch einmal mit anderen Läufern vergleichen. Über den 111. Platz in 1:36 Std. bei knapp 600 Teilnehmern habe ich mich schon sehr gefreut. Es war mein erster Lauf unter Wettkampfbedingungen und ein ganz großartiges Erlebnis. Die Mühen des Trainings haben sich voll bezahlt gemacht.
Wintertouren wie der Hindelanger Klettersteig und der Jubiläumsgrat an der Zugspitze sowie Klettern in Arco am Gardasee fügten sich genauso in das Trainingsprogramm ein wie das Klettertraining in der Halle und eine Skitour.
Auch an meinem Arbeitsplatz mussten vor der Abreise noch viele Dinge erledigt werden und eine die Übergabe der offenen Punkte was mit Mehrarbeit verbunden.
So ganz nebenbei waren dann noch vielen Besorgungen für die Expedition zu tätigen. Ob es sich um Bekleidungsstücke oder um die Fotoausrüstung handelte, nichts war sofort lieferbar und die Zeit bis zur Abreise wurde immer kürzer. Auch die Expeditionspostkarten und die Trekkingschuhe, die wir von Sponsoren bekommen haben, sind nur wenige Tage zuvor bei uns eingetroffen.
Drei Tage vor der Abreise bestellte ich noch einen Organizer, mit dem ich über unser Satellitentelefon Emails versenden wollte. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln ist der Organizer dann gerade noch rechtzeitig vor der Abreise eingetroffen. Das Handbuch konnte in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit jedoch nicht mehr gelesen und die Hard- und Software nicht mehr getestet werden.

Jetzt im Flugzeug lagen all die Dinge hinter mir und ich lasse die letzten Monate noch einmal in Gedanken an mir vorüberfliegen. Nun gilt es, sich auf die bevorstehende Expedition zu konzentrieren. Leichter gesagt als getan, denn viele Gedanken gehen mir jetzt noch durch den Kopf und lassen mich nicht so schnell zur Ruhe kommen.

03. April 2000

Kommunikation zwischen Satelliten-Telefon und HP iPaq Pocket PC ist nicht möglich

Nach vielen Stunden ist der Flug vorbei und wir stehen im Flughafengebäude von Kathmandu. Zuerst müssen wir noch ein Visum beantragen, was aber in wenigen Minuten erledigt ist. Beim Abholen unseres Gepäcks gibt es dann bereits die ersten Schwierigkeiten, denn ein Gepäckstück von Bernd ist nicht auffindbar. Wir stellen einen Nachforschungsantrag und fahren dann zu unserem Hotel Veisali in die Innenstadt, wo wir gegen 16 Uhr eintreffen.

04. April 2000

Postkarten schreiben

Heute nutzen wir die Zeit um die vielen Grußpostkarten an Freunde, Kollegen und Sponsoren zu schreiben.
Nach dem Frühstück um 7 Uhr gehe ich zur Post und kaufe 150 Briefmarken für die Grußpostkarten an Freunde, Kollegen und Sponsoren. Im Anschluss beginne ich mit dem Schreiben der Postkarten. Gegen Mittag bringt Peter sein Satelliten-Telefon, welches bei seinem letzten Besuch im Januar dieses Jahres in Nepal geblieben, von seinem Lager bei der örtlichen Agentur mit. Die Spannung ist verständlicherweise sehr groß, ob die Kommunikation zwischen Telefon und Organizer klappt. Wie nicht anders zu erwarten, funktioniert sie natürlich nicht! Der Grund ist, dass ich nur ein Kabel für den Modemausgang des HP Jornada PC zum Eingang eines Telefon-/Fax-Steckers dabeihabe, das Telefon selbst aber ein eingebautes Modem hat und dieses über eine serielle Schnittstelle zu bedienen ist. Da der HP Jornada PC keinen standardisierten seriellen Anschluss besitzt, ist vor Ort auch kein Kabel zu organisieren. Von dem nur wenige Meter vom Hotel entfernten Internet Café aus versuche ich, das Original-Kabel aus Deutschland zu bekommen. Bereits am nächsten Tag sollte es in Richtung Nepal verschickt werden und ich würde es vermutlich noch vor unserem Flug in Basislager erhalten.
Am späten Nachmittag gehe ich erneut zum Postamt, welches aber bereits geschlossen hat und ich somit die Postkarten mit ins Basislager nehmen muss. Das Versenden der Karten ist vermutlich erst nach unserer Rückkehr in Kathmandu möglich.
Am Abend packen wie die Ausrüstung für unsere zehntägige Akklimatisationstour zum Kala Pattar (5620 m) im Khumbu Himal. Der Kala Pattar ist der das beste Aussichtspunkt zum Everest, Lhotse und Nuptse.
Mit einem gemeinsamen Abendessen beschließen wir den für mich doch etwas aufregenden Tag in Kathmandu.

05. April 2000

Kathmandu - Phakding

Um 6 Uhr starten wir vom Hotel zum Flughafen, wo wir gegen 8:45 Uhr mit einer De Havilland Canada DHC-6 „Twin Otter" nach Lukla fliegen (2860 m). Dort landen wir sicher um 10 Uhr.
Der Flugplatz in Lukla wird in Abhängigkeit von Wetter- und Sichtbedingungen mehrfach am Tag von Kathmandu aus bedient. Die 450 m lange Landebahn hat eine Hangneigung von etwa 12 % und kann nur bergwärts angeflogen werden. Das Ende der Startbahn bricht abrupt etwa 600 m tief zum Dudh Kosi ab, das andere Ende endet in einer Mauer, die in den steil ansteigenden Berg übergeht. Das macht Starts und Landungen auf diesem Flugplatz zu einem atemberaubenden Erlebnis und den Flugplatz zu einem der weltweit gefährlichsten Plätze macht.
In der Lodge oberhalb der Landebahn, die einem Verwandten von Peter gehört, frühstücken wir zunächst und begeben uns dann auf den Weg nach Phakding (2610 m). Nach drei Stunden erreichen wir unser heutiges Tagesziel und lassen es uns dort in einer Lodge für den Rest es abends gut gehen.

06. April 2000

Phakding - Namche Bazar

Nach dem Start am frühen Morgen verläuft der Weg zuerst entlang des Dudh Kosuhi Flusses, den wir im weiteren Verlauf mehrmals über Hängebrücken überquert werden müssen. Nach zwei Stunden erreichen wir den Eingang des Sagarmatha National Parks und müssen dort die obligatorische Parkgebühr bezahlen. Im Nationalpark wird der Weg dann steiler und nach weiteren zwei Stunden erreichen wir Namche Bazar (3440 m).
Der Ort liegt an einer für die Khumbu-Region wichtigen Wegekreuzung, wo sich der Weg entlang des Bhote Kosi über Thame zum Nangpa La und der Weg, der weiter ins Tal des Dudh Kosi und letztendlich zum Mount Everest hinaufführt, verzweigen. Unmittelbar westlich von Namche Bazar liegt der Berg Kongde Ri (6186 m) und im Osten der Berg Thamserku (6618 m).
Auf einem Hügel oberhalb von Namche Bazar liegt Syangboche, ein kleiner Ort mit einer Landepiste in 3750 m Höhe. Diese wird aber selten genutzt, da der Untergrund aus losem Kies besteht und so nur für wenige Flugzeugtypen oder Hubschrauber geeignet ist. Die Piste ermöglicht es damit vor allem bei medizinischen Notfällen, Namche Bazar aus der Luft zu erreichen.
Hier verbringen wir die kommende Nacht. Am nächsten Tag erreichen wir Namche Bazar (3870 m), wo wir bei Peters Schwiegereltern untergebracht sind. Auch in Namche Bazar gibt es ein Internet Café und ich erkundige mich von hier aus erneut über den Verbleib des seriellen Kabels und schicke meinen Freunden einen kurzen Expeditionsbericht.
In Namche Bazar gibt es mehrere Internetcafes, von denen ich eines besuche und mich über den Verbleib des seriellen Kabels erkundige.
Obwohl wir bei Petes Schwiegereltern bestens untergebracht sind, besuche ich wie immer die Hermann Helmer's Bakery, deren Besitzer sein Handwerk bei einem gleichnamigen deutschen Bäckermeister in Bielefeld gelernt hat.

07. April 2000

Namche Bazar – Tengboche (auch Thyangboche)

Die heutige Etappe führt uns zuerst über Syangboche (3720 m) zum Everest View Hotel in 3880 m Höhe. Leider ist es sehr diesig, sodass der Mount Everest (8848 m), Lhotse (8516 m) und die Ama Dablam (6814 m) kaum zu sehen sind.
Nachdem bei Teshinga der Dudh Kosi überquert ist, geht es steil und anstrengend hinauf nach Tengboche. Das Dorf liegt am Fuß des Südhangs des Thamserku in einer Höhe von 3870 Metern.
Das buddhistische Kloster von Tengboche ist das wichtigste kulturelle und religiöse Zentrum des Khumbu. Es wurde 1923 erbaut, 1989 durch einen Brand stark zerstört und anschließend wieder aufgebaut. Das Kloster besitzt den größten Tempel, eine sogenannte Gompa, der Region. Ende Oktober/Anfang November findet hier das Mani Rimbu Dance Festival statt.
Hier sind wir in einer gemütlichen Lodge in unmittelbarer Nähe des Klosters untergebracht. Zunächst ruhen wir uns von der fünfstündigen Etappe etwas aus und besuchen am späten Nachmittag das Kloster.

08. April 2000

Tengboche - Dingboche

Heute geht ein eiskalter Wind, dafür ist die Sicht erheblich besser. Gleich hinter Tengboche beginnt ein wunderschöner Märchenwald, durch den wir geraume Zeit gehen. Im Anschluss schlängelt sich der Weg entlang des Flüsschen Imja Khola und nach dreieinhalb Stunden erreichen wir die Dorf Dingboche. Es liegt auf einer Höhe von etwa 4730 Metern direkt am Imja Khola, einem Zufluss zum Dudh Kosi. In Dingboche wird vor allem Kartoffelanbau betrieben. Seit den 1980er Jahren sind mit der Zunahme des Tourismus eine große Anzahl von Lodges entstanden, sodass wir ohne Probleme eine geeignete Unterkunft finden.

09. April 2000

Dingboche - Lobuche (Pyramide)

Hinter Dingboche führt der Weg auf eine Anhöhe, von wo man einen wunderbaren Rundblick hat. Über einen Höhenweg erreicht man Dughla (4620 m). Hier endet der Khumbu Gletscher und der Weg führt auf den Ausläufern des Gletschers steil nach oben. Oben angekommen liegt ein „Friedhof" für alle Todesopfer der Besteigungen des Mount Everest. Jedem Toten ist mit einem sogenannten Steinmann, einem Stapel aufgetürmter Steine, die letzte Ehre erwiesen. Der Weg verläuft dann in 4800 m Höhe entlang des Khumbu Gletschers und gibt nun den Blick auf den Aussichtsberg Kala Patthar (5620 m) und den Pumo Ri (7145 m) frei. Hinter Lobuche (4930 m) biegen wir ab zur italienischen Forschungsstation (wegen ihres Aussehens auch Pyramide genannt). Hier befindet sich das Hotel 8000 INN (4910 m), in dem wir die kommende Nacht untergebracht sind. Die Ausstattung ist gut und die Zimmer werden am Abend mit dem Strom aus der Fotovoltaikanlage der Pyramide beheizt. Ein nicht zu verachtender Luxus in fast 5000 m Höhe.

10. April 2000

Lobuche (Pyramide) – Kala Patthar

In der Nacht hat es etwas geschneit, aber bei unserem Start zum Kala Patthar ist keine Wolke am Himmel. Beste Voraussetzung für eine gute Fernsicht auf die fantastische Bergkulisse mit Mount Everest (8848 m), Lhotse (8516 m) und die Ama Dablam (6814 m).
Nach einiger Zeit komme wir nach Gorak Shep (5150 m), die letzte dauerhaft bewohnte Ortschaft vor dem Mount Everest. Sie lieg direkt am Khumbu-Gletscher, der vom Mount Everest in südwestlicher Richtung vorbeifließt. Die Ortschaft besteht aus einigen Lodges.
Unmittelbar an einem alten Seebett am Ortsrand beginnt der Aufstieg zum Kala Patthar, einer der beliebtesten Aussichtspunkte im Khumbu. Die Bezeichnung Kala Patthar bedeutet „Schwarzer Stein". Da er lediglich 5620 m hoch ist, zählt er in Nepal offiziell nicht zu den Bergen. Von Reiseagenturen wird für die Besteigung oft der etwas niedrigere Südgipfel (5545 m) gewählt.
In knapp zwei Stunden sind wir am Hauptgipfel und haben eine sagenhafte Aussicht. Nach einer längeren Pause am Gipfel kehren wir zurück nach Gorak Shep und stärken uns dort in einer Lodge. Hier treffen wir auch unser Bergfreunde Bo Belvedere Christensen und Mads Granline, die gerade am Mount Everest unterwegs sind. Für den Rückweg zur Pyramide wählen wir eine ander Route und sind dann gerade noch vor dem einsetzenden Schneefall in unserer Unterkunft.

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11. April 2000

Akklimatisationstour auf 5500 m Höhe

Hinter dem Hotel 8000 INN stiegen Peter und ich nach dem Frühstück in steilem Gelände mir mehreren kleineren Klettereinlagen bis hinauf auf 5500 m. Von hier oben solle der Makalu zu sehen sein, bei der eingeschränkten Fernsicht können wir ihn aber nicht ausmachen. Ein sehr kalter Wind und rasch aufziehende Wolken veranlassen uns zum baldigen Abstieg. Am Abend kommt unser Sherpa, der in Lobuche wohne, zu uns ins Hotel und stellt sich vor.
Nachdem Hjördis bereits seit zwei Tagen über Halsschmerzen klagt, ändern wir unsere Pläne und wollen morgen direkt nach Namche Bazar zurückkehren. Dort ist es erheblich einfacher, schnell wieder gesund zu werden.

12. April 2000

Lobuche (Pyramide) – Namche Bazar

Heute stehen wir bereits um 5:30 Uhr auf uns verlassen das Hotel eine Stunde später mit dem Ziel Namche Bazar. Bei herrlichem Wetter geht es zurück nach Tengboche, wo wir eine wohlverdiente Mittagspause einlegen. Gut gestärkt geht es dann hinunter nach Teshinga, wo der Dudh Kosi überquert wird und dann wieder hinauf nach Namche Bazar. Wir sind jetzt schon ganz gut an die Höhe angepasst, sodass der letzte Gegenanstieg einfach zu bewältigen ist. Um 15:30 Uhr sitzen wir wieder in der Hermann Helmer's Bakery und lassen uns dort Kaffee und Kuchen schmecken. Am Abend sind wir dann bei Verwandten von Peter zum Abendessen eingeladen.

13. April 2000

Ruhetag in Namche Bazar

Rechzeitig zum Ruhetag hat auch die Sonne freigenommen und Wolken und Regen haben die Oberhand. Aber was macht das schon, in Hermann Helmer's Bakery sind genügend Trekker, mit denen ein Gespräch geführt werden kann. Noch ein paar Telefonate mit der Heimat  und die eine oder andere Email im Internetcafé losschicken ist der Tag vorüber. Hjördis geht es auch wieder besser und so kann es morgen nach Lukla gehen, wo dann hoffentlich ein Hubschrauber für uns bereitsteht.

14. April 2000

Namche Bazar – Lukla

Gleich am frühen Morgen gehe ich nochmals ins im Internet Café, sende meine letzten Mails und dann verlasse zusammen mit den anderen Teilnehmern Namche Bazar. Schon kurz nach unserem Start beginnt es zu Regnen und mir machen uns ernsthafte Sorgen, ob der morgige Flug ins Makalu-Basislager überhaupt stattfinden kann. Gut durchnässt treffen wie gegen 13:00 Uhr im Lukla ein.
Am Nachmittag stellte sich dann Dauerregen ein und die umliegenden Berge sind zunehmend mit Schnee bedeckt. Mein Verbindungskabel zwischen dem HP Jornada PC und dem Satellitentelefon ist zwischenzeitlich auch eingetroffen und so packe ich es voller Spannung aus. Die Enttäuschung ist groß, als es dann doch nicht passt. Es ist zum Verzweifeln, bei uns zuhause hat jeder Computerladen ein solches Kabel vorrätig, hier in Lukla ist natürlich keines erhältlich. Der ganze Aufwand war somit umsonst.
Den Hubschrauber neben der Landebahn beladen wir am späten Nachmittag mit unserem Gepäck und hoffen auf eine Wetterbesserung. Mit den Piloten sitzen wir noch lange zusammen und zeigen ihnen auf der Landkarte, wohin wir wollen.

15. April 2000

Lukla – Makalu Basislager (4800 m)

Der Hubschrauberflug findet tatsächlich um 5:30 Uhr statt. Das Wetter hat sich in der Nacht etwas gebessert aber viele Wolken lassen die Sicht während des Fluges ein Minimum sinken. Die Piloten haben Problem überhaupt unseren vorgesehenen Landeplatz überhaupt zu finden. Den Makalu können wir überhaupt nicht ausmachen, aber nach 30 Minuten Flugzeit landet der Hubschrauber in einer Einöde. Weder ein Zelt noch ein Mensch ist zu sehen und wir bezweifeln zunächst, ob wir hier überhaupt richtig sind. Der Pilot bestätigt nochmals die Richtigkeit der Position und fordert uns zum Verlassen des Hubschraubers auf. Kurz darauf liegt unser Gepäck auf dem Gletscher und nach einem kurzen Winken des Piloten entschwindet der Hupschrauber. Hier stehen wir nun und wissen, nicht wo das Basislager überhaupt sein soll. Ein paar Minuten später tauchen zwei Nepalesen in der Eiswüste auf und begrüßen uns. Sie gehören zu einer sächsischen Expedition, die auch den Makalu zum Ziel hat. Das Basislager soll eine halbe Stunde von hier entfernt sein und so nimmt sich jeder so viel Gepäck wie er tragen kann und geht zu diesem Lagerplatz. Wir kommen an einen mit Gras bewachsenen Platz mit ein paar Zelten, wo auch wir unser Basislager aufbauen. Wir machen noch weitere zwei Materialtransporte und bauen dann das Basislager in 4800 m Höhe auf. Nach 5 Stunden harter Arbeit können wir uns dann in unseren Zelten ausruhen. Es ist geschafft, das Basislager steht.

16. April 2000

Erkundung des Weges zum ABC

Den ersten Tag im Basislager nutzen wir zur Erkundigung des Weges zum vorgeschobenen Basislager (ABC). Mühsam zieht sich der Weg zuerst auf der, in Fließrichtung des Gletschers, linken Seitenmoräne des Barun Gletschers bis auf 5100 m hinauf. Dann wird der tief unter uns liegende Gletscher gequert, um auf der gegenüberliegenden Seite bis zur Einmündung des Chago Gletschers aufzusteigen. Bis auf 5400 m steigen wir in einem beschwerlichen Blockgelände hinauf und können zwar den Gletscherbruch hinter dem vorgeschobenen Basislager sehen, das eigentliche Lager aber ist nicht sichtbar. Wir kehren um und erreichen erschöpft das Basislager gegen 16:00 Uhr. Unser Koch Hale Passang Sherpa bereitet ein exklusives Essen zu, das uns wieder neue Energie gibt.

17. April 2000

Hochlagerausrüstung wir zusammengestellt

Heute wir die Ausrüstung für die Hochlager zusammenzustellen. Es sind die Zelte zu kontrollieren, die Kocher sowie die dazugehörigen Gaskartuschen abzuzählen, die Verpflegung auszusuchen, Fixseile und Firnanker bereitzustellen und das alles in entsprechende Lasten aufzuteilen.
Dann kommt noch die persönliche Ausrüstung wie Bekleidung, Schlafsack, Liegematte, Getränke usw. hinzu, was einem überdimensional großen Rucksack ergibt, der erst einmal getragen werden will. Da ist nur gut, dass unseren Hochträger Nima Nuru Taktokpa einen Teil der Last abnimmt. In unserem nicht akklimatisierten Zustand würden wir mit dieser Last nicht vorwärtskommen.

18. April 2000

Basislager - ABC (5690 m)

Vor unserem Abmarsch vom Basislager zum vorgeschobenen Basislager findet eine Puja-Zeremonie statt, um die Berggötter gnädig zu stimmen. Für den sehr beschwerlichen Aufstieg im Blockgelände benötigen wir 4 Stunden und befinden uns dann auf einem ebenen Platz vor dem Eisbruch des Chago Gletschers. Um einen kleinen Gletschersee in 5690 m Höhe sind die Lager einer koreanischen und einer italienischen Expedition angeordnet. Die Koreaner sind seit 10 Tagen hier und haben bereits den Aufstieg zum Lager I in 6600 m sowie den Weiterweg zum Lager II in 7410 m Höhe mit der Unterstützung von Hochträgern mit Fixseilen versichert. Die italienische Expedition ist erst vor einem Tag hier eingetroffen und ist noch mit dem Einrichten des Lagers beschäftigt. Wir stellen hier unser zwei Zelte auf und erkunden dann den weiteren Aufstieg.

19. April 2000

ABC (5690 m) - Depot (6000 m) - ABC (5690 m)

Heute bringen wir unsere Ausrüstung für das Lager I bis zu einem Depot in 6000 m Höhe hinauf. Nachdem der Aufstieg zum Depot noch im Schutt und Blockgelände erfolgt, steigen wir mit Trekkingschuhen hinauf, was erheblich kraftsparender ist. Von unserem Depot aus ist das Lager I der Koreaner auf einem Eisbalkon gut sichtbar. Auch die Fixseile, die in einer steilen Rinne oberhalb des Lagers bis hinauf zum Makalu-La in 7410 m Höhe verlegt wurden, sind zu erkennen. Wir deponieren unsere Ausrüstung (3 Zelte, Steigeisen, Gurte und Essen für 3 Tage) und steigen dann wieder hinunter zum vorgeschobenen Basislager, wo wir die kommende Nacht verbringen.

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20. April 2000

ABC (5690 m) – Lager I (6600 m)

Um 6:00 Uhr beginnen wir mit dem Aufstieg zu unserem Depot in 6000 m Höhe. Es ist kalt und nach kurzer Zeit habe ich kalte Zehen in meinen Trekkingschuhen. Im Depot wechsle ich dann die dünnen Schuhe gegen die gut isolieren Expeditionsschuhe. Mit der Ausrüstung aus dem Depot gestaltet sich der Weiterweg über mehrere Steilaufschwünge, die von den Koreanern mit Fixseilen versehen wurden, als ausgesprochen anstrengend. Die vorhandenen Fixseile erleichtern durchaus den Aufstieg, aber wir benötigen doch 4 Stunden für die 900 Höhenmeter vom ABC zum Lager I. Weitere 2 Stunden benötigen wir für das Herstellen der Zeltplattformen und dem Aufstellen der Zelte. Bis wir genügend Wasser zum Trinken geschmolzen haben, beginnt es schon zu dämmern.
Durch die Zwischenzeit aufgezogenen Wolken ist auch die Sicht stark beeinträchtigt und der Mount Everest und der Lhotse sind leider nicht mehr zu sehen. In der Nacht wird dann auch der Wind erheblich stärker und wir werden durch das Flattern der Zelte um unseren Schlaf gebracht.

21. April 2000

Lager I (6600 m) - Basislager (4800 m)

Ein weiterer Aufstieg ist aufgrund der eisigen Temperaturen nicht möglich und so beginnen wir sofort mit dem Abstieg ins Basislager. Nach einer Stunde sind wir an unserem Depot und lassen dort unsere Gurte und die Steigeisen zurück. Mit leichtem Rucksack geht es zum ABC, wo die restliche Ausrüstung in unserem Zelt wasserdicht verpackt zurückgelassen wird. Das Blockgelände bis zum Basislager erfordert nochmals die volle Konzentration, aber pünktlich zum Mittagessen sind wir im Basislager und können es uns dort gut gehen lassen. Am Nachmittag ist erst einmal eine warme Dusche angesagt und danach schnell in den Schlafsack zu liegen, damit ich mich nicht erkälte.

22. April 2000

Faxprogramm benötigt ein Update

In der Nacht hat es bis herunter zum Basislager geschneit und bei Tagesanbruch ist eine fantastische Stimmung. Im Gipfelbereich des Makalu sind lange Schneefahnen zu sehen und die Wolken deuten eher auf unbeständiges Wetter hin. Heute habe ich genügend Zeit, um mich nochmals eingehend mit dem HP Jornada PC zu beschäftigen. Ich versuche mit dem, auf dem PC vorhandenen Faxprogramm wenigstens ein Fax über das Satellitentelefon zu verschicken. Die entsprechende Hardware wie Modem und Kabel habe ich ja. Aber leider erkennt das Faxprogramm das Modem nicht und nach einem Telefonat mit der Heimat stellt sich heraus, dass das Problem bekannt ist und dafür ein Update im Internet vorhanden ist. (Wohl bemerkt bei einem nagelneuen Gerät.) Das ist zwar in Deutschland kein Problem, aber hier im Basislager habe ich keine Möglichkeit dieses Update herunterzuladen. Das Resümee für mich kann nur sein, dass zukünftig alles bis aufs Kleinste vorher getestet werden muss, damit sowohl Hardware als auch Software zusammenspielen.
Am Nachmittag setzt wieder Schneefall ein und da bietet es sich an, ein paar Eier für das morgige Osterfest zu bemalen. Mit den vorhandenen Mitteln benötige ich für die ersten Muster noch etwas länger, dann gehen ich aber recht flott von der Hand.

23. April 2000

Osterfest im Basislager

Dicke Wolken hüllen die Berggipfel ein, als wir am Frühstück sitzen und unsere Ostereier verspeisen. Zumindest heute, an unserem geplanten Ruhetag, belastet uns das unbeständige Wetter nicht sonderlich. Allerdings wollen wir morgen wieder aufbrechen und so stelle ich meine Ausrüstung zusammen und deponiere meinen gepackten Rucksack in unserem Materialzelt. Gegen Mittag besuche ich unser Bergsteigerkollegen aus Sachsen mit der Bitte, bei ihnen eine Email schreiben zu dürfen. Selbstverständlich tun sie mir gern diesen Gefallen. Wir sind dann bis zum Abend zusammen und unterhalten uns über die und das. Gerade als ich wieder gehen will, kommt ein Gewitter auf, das sich über mehrere Stunden hält und wieder mal Schneefall bringt.

24. April 2000

Neuschnee im Basislager

Um 4 Uhr schaue ich aus dem Zelt und es hat ca. 10 cm Neuschnee. Ich bespreche mit Peter die Situation und wir kommen zu dem Entschluss, heute nicht aufzusteigen. Nach dem ausgedehnten Frühstück kommt dann doch noch die Sonne zum Vorschein und ich nutze diese Gelegenheit gleich für eine Dusche. Mit dem Satellitentelefon können wir seit gestern bestimme Satelliten -Vorwahlnummern nicht anwählen und bleibt nichts anderes übrig, als die Inmarsat Zentrale in Reisting (Oberbayern) zu kontaktieren. Mehrerer Tests bestätigen einen Defekt an unserem Telefon und wir können nur noch über einen anderen Satelliten kommunizieren. Besser so als gar nicht mehr!

25. April 2000

Basislager - ABC (5690 m)

Als wir um 6 Uhr das Basislager verlassen ist es sehr kalt und meine Finger sind schon nach kurzer Zeit nicht mehr richtig durchblutet. Überhaupt fällt mir der Aufstieg in den verschneiten Platten erheblich schweres als beim letzten Mal.
Nach der Ankunft im vorgeschobenen Basislager besuchen wir zuerst die koreanische Expedition und sprechen mit ihnen über die Nutzung der von ihnen angebrachten Fixseile. Nach einigem Hin und Her dürfen wir die Seile in der Zeit benutzen, in der die Koreaner am Berg sind. Danach wollen sie die Seile entfernen, da sie anschließend noch zur Shisha Pangma (8027 m) fahren und sie dort die Seile wieder benötigen. Für uns würde des einen gewaltigen Zeitverlust bedeuten und so bieten wir einen Tausch mit unseren noch nicht benutzen Seile an. Unser Angebot findet im Moment noch nicht den richtigen Anklang, aber vorerst sind wir mit dieser Lösung zufrieden.
Ein Italiener, der sich am Nachmittag in den Finger geschnitten hat, sorgt für Aufregung und Hektik. Zum Glück kommt die Blutung nach Anlegen eines Verbandes schnell wieder zum Stillstand und es kehrt die üblich trostlose Stimmung ein. Der tägliche Schneefall setzt dann wieder am Nachmittag ein.

26. April 2000

ABC (5690 m) – Lager I (6600 m)

Der in den letzten Tagen gefallene Schnee erschwert den Aufstieg durch die verschneiten Felsbrocken auf dem Gletscher zum Depot erheblich. Ich habe Beine wie Blei und es geht heute alles langsamer wie sonst. Ab dem Depot kommt, zu dem tiefen Schnee noch eine erbärmliche Hitze dazu die uns schnell die Energie raubt.
Sichtlich geschafft erreichen wir das Lager I (6600 m) gegen Mittag und ruhen uns zunächst etwas von den Strapazen aus. Wie schon fast täglich verschwinden die umliegenden Berge am frühen Nachmittag in den Wolken und es beginnt wieder zu schneien. Der Wind steigert sich von Stunde zu Stunde und wird am Abend zum Sturm. Wir kommen die ganze Nacht kaum noch zum Schlafen und fiebern dem Morgen entgegen.

27. April 2000

Lager I (6600 m) - Basislager (4800 m)

Um 5:00 Uhr hat sich der Sturm wieder etwas gelegt, aber es ist jetzt bitterkalt und der Mount Everest hat bereits wieder eine Wolkenhaube. Heute haben wir keine Change den Makalu La in 7410 m Höhe zu erreichen. Schweren Herzens beschließen wir sofort wieder ins Basislager absteigen und dort bessere Bedingungen abwarten. Allein das Bedienen des Achters beim Abseilen an den Fixseilen unterhalb von Lager I bereitet mir bei dem tiefen Temperaturen Probleme. Erst an unserem Depotplatz erreicht uns die Sonne und es wird etwas wärmer. Die Koreaner erwarten uns schon im ABC und sie hätten gerne den aktuellen Wetterbericht von uns, wenn wir wieder im Basislager sind. Sie habe ihr Basislager hier, wo wir unsere ABC haben in 5690 m Höhe. Einen Zugriff auf einen zuverlässigen Wetterbericht habe sie zurzeit nicht und so vereinbaren wir ein Telefonat, sobald wir mit Dr. Karl Gabl in Innsbruck gesprochen haben.
Gegen Mittag sind wird dann wieder im Basislager und wie vereinbart erkundigen wir uns bei Dr. Karl Gabl über die weitere Wetterentwicklung. Die Aussichten sind alles andere als gut. Die nächsten Tage soll der Höhensturm weiter mit 140 km/Std. wehen und es kommen weitere Tiefausläufer auf uns zu. Wir sollen am 30. April wieder anrufen und dann wird uns Dr. Karl Gabl über die voraussichtliche Entwicklung informieren.
Später ruft Herr Welter vom SWF Tübingen an und wir vereinbaren einen Termin für ein Interview um 17:50 Uhr. Auch der SWF Stuttgart möchte morgen um 6:15 Uhr deutscher Zeit ein Interview.

28. April 2000

Warten im Basislager

Am Morgen sieht das Wetter wieder etwas besser aus, aber den üblichen Tagesverlauf kenn wir schon zur Genüge: Am Nachmittag schneit es wieder. Wir wollen nicht bis zum 30. April warten und warten und rufen Dr. Karl Gabl erneut an. Er kann uns aber keinen positiven Ausblick für die kommenden Tage geben.
Elisabeth und Thomas von der sächsischen Expedition kommen heute vom ABC zurück und berichten über den Aufstieg von drei Koreanern zum Lager I. Unter den gegebenen Wetterbedingungen erscheint uns das als verfrüht, aber wer weiß schon, was die beste Taktik ist.
Hjördis und Bernd sind heute zum ABC aufgestiegen, wie können sie aber nicht über Funk erreichen und wissen nicht, wie es ihnen geht. Im Notfall gibt es ja die Verbindung über das Satellitentelefon der Koreaner uns so machen wir uns keine Sorgen.

29. April 2000

Zweifel an der Taktik

Um 5:00 Uhr hat der Makalu keine Schneefahne war sich aber innerhalb weniger Stunden wieder ändert. Wie setzen uns mit den Koreanern in Verbindung und erfahren, dass die Teilnehmer heute nach Lager II aufsteigen und ihre Sherpas bis auf Lager III vordringen wollen. Langsam komme ich ins Grübeln, ob wir die richtige Taktik haben. Die langen Schneefahnen am Abend zeigen allerdings sehr deutlich, dass die derzeitigen Bedingungen alles andere als Ideal sind.

30. April 2000

Wettervorhersage ist weiterhin schlecht

Am frühen Morgen ist der Makalu gut zu erkennen aber bereits gegen 9:00 Uhr versteckt es sich wieder in Wolken. Wieder rufen wir Dr. Karl Gabl in Innsbruck am Vormittag lese ich. Am Nachmittag rufen wir Dr. Karl Gabel in Innsbruck an und lassen uns die neueste Wettervorhersage beben: „Zuerst soll ein Tiefdruckgebiet kommen und die Temperaturen in der Höhe um 6-7° C fallen. Am Freitag soll dann ein Zwischenhoch kommen. In der Höhe ist der Wind aber weiterhin mit 140 km/h angesagt."
Es bleibt uns nichts anderes übrig als abzuwarten, auch wenn es uns noch so schwerfällt.

01. Mai 2000

Sächsische Expedition wir Essen eingeladen

Langsam wird es uns langweilig im Basislager und so laden wir die Teilnehmer der sächsischen Expedition zum Essen ein. So können wir uns ich Ruhe Unterhaltung, vermeiden es aber über das allgegenwärtige Wetterthema mehr als notwendig zu sprechen. In der Nacht beginnt es, erneut zu schneien.

02. Mai 2000

Neuschnee im Basislager

Am Morgen liegen 10 cm Neuschnee und wir geschockt. Später kommt dann die Sonne zum Vorschein und der Schnee ist schnell dahin. Allerdings zieht es gegen Mittag schon wieder zu und der Wind lebt erneut auf. Nach den uns vorliegenden Informationen beginnen am Mount Everest die Bergsteiger jetzt mir dem Aufstieg, was auch und dazu bewegt, morgen mit dem Aufstieg zu beginnen.

03. Mai 2000

Basislager - ABC (5690 m)

Peter, unser Sherpa Nima und ich starten um 5:00 Uhr vom Basislager und sind um 9:00 Uhr im vorgeschobenen Basislager (ABC). Hjördis und Bernd sind erst vor 2 Tage vom Lager I heruntergekommen und fühlen sich noch nicht fit, erneut aufzusteigen. Sie wollen einen weiteren Tag im Basislager bleiben.
Im ABC besprechen wir mit den Koreanern die weitere Vorgehensweise am Berg. Nach den ergiebigen Schneefällen sind alle Sherpas in das vorgeschobene Basislager abgestiegen und wollen erst morgen wieder aufsteigen. Mit dem Wissen, dass die notwendigen Fixseile oberhalb vom geplanten Lager III noch nicht angebracht wurden, lassen wir uns dazu überreden, erst morgen weiter aufzusteigen. Gleichzeitig werden wir von ihnen zum Abendessen eingeladen und kommen der Einladung sehr gern nach.

04. Mai 2000

ABC (5690 m) – Lager I (6600 m)

Um 6 Uhr beginnt unser Aufstieg zum Lager I bei sehr niedrigen Temperaturen und wir sind froh, als uns die ersten Sonnenstrahlen vor dem Felsaufstieg zum Depot erreichen. Die verschneiten Felsplatten hinauf zum Depot sind sehr schwierig zu begehen und wir müssen mit äußerster Vorsicht vorangehen. Mit dem Klettergurt und den Steigeisen aus dem Depot steigen wir dann auf dem verschneiten Gletscher hinauf zum Lager I, wo wir den restlichen Tag im Zelt verbringen. Am Nachmittag ziehen erneut Wolken auf und der Mount Everest ist dann nicht mehr zu sehen. In Tibet sind aber Aufhellungen zu sehen und wir hoffen auf schönes Wetter für den morgigen Tag.

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05. Mai 2000

Lager I (6600 m) – Lager II (7410 m)

Heute Morgen warten wir mit dem Aufbruch bis gegen 8:00 Uhr die ersten Sonnenstrahlen das Zelt erreichen, damit kalte Finger und Füße vermieden werden. Die Sherpas gehen voran und legen eine Spur entlang der Fixseile an. Zuerst verläuft der Aufstieg entlang einer Felsbegrenzung im 40-45° steilen Firn und ist richtig kraftraubend. Im weiteren Verlauf geht es über plattige Felsen, die mit Schnee durchsetzt sind, bis zum Makalu La. Hier ist nun eine große Hochebene in 7400 m Höhe, die im Norden vom Kangchungtse und im Süden vom Nordostgrat des Makalu begrenzt wird. Die Zelte der Koreaner sind nur einige Hundert Meter vom Ausstieg aus den Felsen entfernt, wo auch wir unser Zelt gegen 16:00 Uhr aufstellen. In der Zwischenzeit schneit es schon wieder und es ist kaum noch etwas von der Landschaft zu sehen.

06. Mai 2000

Lager II (7410 m) – Lager III (7800 m)

Heute Morgen ist das Wetter etwas besser und nach unserem Aufbruch um 6:00 Uhr sind die umliegenden Berge gut zu sehen. Der weitere Aufstieg führt zuerst über ein ansteigendes Firnplateau bis zu einem Felsband. Diesen Abschnitt markieren wir mit unzähligen Fähnchen, damit wir die Route auch bei schlechter finden zu können. Ein sich anschießendes Felsband ist mit den schweren Rucksäcken sehr kraftraubend und wir kommen nur noch langsam voran. Von hier ist nun auch der 8586 m hohe Kangchendzönga ohne Wolken zu sehen.
Am Ende des Felsbandes errichten wir unser Lager III in 7800 m Höhe. Die Koreaner finden noch einen geeigneten Zeltplatz im Felsen, wir aber müssen unsere Zeltplattform aus einem 40° steilen Firnhang herausschaufeln. Schon nach kurzer Zeit haben wir keinen Firn, sondern beinhartes Eis zu bearbeiten und kommen nicht mehr tiefer. Auf dem zur Verfügung stehenden Platz findet nur ein Teil des Zeltes Platz, der Rest hängt im Freien. Der noch verbleibende Platz im Zelt war dann doch recht knapp für 3 Personen und wir mussten das Zelt mit Eisschrauben sichern, um nicht plötzlich samt Zelt in die Tiefe zu stürzen.

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07. Mai 2000

Gipfelversuch

Um 23:00 Uhr beginnen wir mit den Vorbereitungen für den Gipfelgang und sind um 1:00 Uhr startklar. Nach dem Verlassen des Zeltes kommt plötzlich sehr starker Wind auf und innerhalb weniger Minuten sehen wir wie Schneemänner aus. Es hilft nichts, wir müssen zurück zum Zelt. Weitere zwei Anläufe werden ebenfalls im Schneetreiben erstickt. Erst um 3:00 Uhr lässt der Wind etwas nach und wir können starten. Mühsam und langsam queren wir den Firnhang bis unterhalb des Eisbruchs, wo die Sherpas gestern 100 m Fixseil angebracht haben. Der 45° steile Aufstieg an dem Fixseil geht in dem Neuschnee nur sehr langsam voran und es beginnt bereits zu dämmern, als der erste Sherpa das Ende des Fixseils erreicht. Die Querung des aus Blankeis bestehenden Hängegletschers liegt aber noch vor uns und ist in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und des anschließenden Gipfelaufstieges kaum noch machbar. Aus diesem Grund entschließen wir uns zur Rückkehr zu unserem Lager. Nach wenigen Stunden beginnt es dann zu schneien, was dann den ganzen Tag über anhält. Erst am Abend bessert sich das Wetter wieder und wir wollen morgen einen neuen Gipfelversuch starten.

08. Mai 2000

Lager III (7800 m) - Basislager (4800 m)

Wieder beginnen wir mit den Vorbereitungsarbeiten um 23:00 Uhr. Wie sich aber herausstellt, ist nur noch ein Sherpa einsatzfähig, alle anderen fühlten sich krank. An ein Versichern des Hängegletschers in der Nacht ist gar nicht zu denken. So entschließen wir uns zu einem Abstieg ins Basislager und zu einem weiteren Versuch in ein paar Tagen. Unser abgebautes Zelt deponieren wir im Zelt der Koreaner und beginne um 7:00 Uhr mit dem Abstieg. Die mit Neuschnee bedeckten Felsen sind sehr schwierig zu begehen und erforderten die volle Aufmerksamkeit, um nicht auszurutschen. Die Abstände der Markierungsfahnen bis zum Lager II kommen wir zu groß vor, um den Weg bei widrigen Wetterbedingungen zu finden. Heute finden wir den Weg jedoch ohne Probleme. Im Lager II bläst uns ein sehr starker Wind und wir schauen, dass wir möglichst schnell absteigen.
In den Felsen und in den Firnhängen liegen jetzt 30 - 40 cm Neuschnee und der Abstieg ist sehr mühsam. Im Lager I deponieren wir die meiste Ausrüstung für den nächsten Aufstieg und setzen den Weiterweg zum ABC fort. Um 12 Uhr treffen wir dort ein und machen uns nach einer kurzen Rast zu dem beschwerlichen Abstieg über den Chago - und den Barun Gletscher zum Basislager, wo wir um 16 Uhr entkräftet eintreffen. 2800 m Abstieg und ca. 15 km Strecke hinterlassen eben doch ihre Spuren.

09. Mai 2000

Ruhetag im Basislager (4800 m)

Die letzten Tage haben viel abverlangt und so lasse ich heute etwas gemütlicher angehen. Körperpflegen und Tagebuch schreiben sind so die einzigen erwähnenswerten Dinge, die ich heute gemacht habe. Sonst bin ich die meiste Zeit in meinem Zelt geblieben und habe mich ausgeruht. Im Interview mit dem SWR – Tübingen um 18:00 Uhr berichte ich über unseren gescheiterten Gipfelversuch, war mir sehr schwerfällt. Am Abende funken mit den Sachsen, die gestern im ABC geblieben sind. Nach ihren Informationen wollen die Koreaner in drei Tagen wird einen neuen Versuch starten.

10. Mai 2000

Vorbereitungen für erneuten Aufstieg

Die Zeit am sonnigen Morgen nutze ich, um meine Ausrüstung für einen weiteren Gipfelversuch zusammenzustellen. Im Laufe des Tages gehen mehrere Telefonate ein, die uns viel Glück beim neuen Versuch wünschen. Wir hingegen rufen bei der Agentur in Kathmandu an und verlegen sicherheitshalber unseren Rückflug vom 19. Mai auf den 21. Mai, damit wir etwas mehr Zeit beim Auf- und Abstieg haben. Nach den neuesten Wetterdaten von Dr. Karl Gabl aus Innsbruck soll ab dem 12. Mai das Wetter ruhiger verlaufen und die Winde nachlassen und somit die Gipfelchancen steigen.

11. Mai 2000

Basislager - ABC (5690 m)

Kurz vor 5:00 Uhr starten wir heute vom Basislager und steigen die nun schon bekannte Route hinauf um ABC. Um 12:00 Uhr treffen wir dort eine und werden umgehend von den Sachsen zum Mittagessen eingeladen werden. Danach verschlechtert sich das Wetter und es beginnt wieder zu schneien. So verbringen wir den Nachmittag weitestgehend im Zelt und beschließen den Tag mit einem lustigen Abendessen zusammen mit den Sachen in ihrem großen Mannschaftszelt.

12. Mai 2000

ABC (5690 m) – Unfall im Lager I (6600 m) - ABC (5690 m)

Wir wollen sicherheitshalber unser Zelt im ABC mit nach oben nehmen und warten mit dem Zeltabbau, bis die Sonne gegen 7:30 Uhr unser Zelt erreicht. Den Rest unsere Ausrüstung deponieren wir bei den Sachsen und beginnen dann mit dem anstrengenden Aufstieg hinauf zum Depot. In dem Neuschnee muss wieder eine neue Spur angelegt werden, was wieder viel Kraft kostet. Die Sachsen sind schon vor uns gestartet und übernehmen die Spurarbeit bis zum Depot. Von dort übernehmen Peter und ich die Spurarbeit. Die erneut aufziehenden Wolken sehen heute besonders bedrohlich aus und wir sind über die Wetterentwicklung sehr beunruhigt. Um 13:00 Uhr treffen wir dann im Lager ein und beginnen mit dem Schmelzen von Wasser.

Dann gegen 16 Uhr passiert das Unfassbare:

Gerade als ich aus dem Zelt schaue und Peter vor dem Zelt mit Fotografieren beschäftigt ist, fällt plötzlich der Kocher mit einem 3-Liter-Kochtopf voll mit kochendem Wasser um. Er fällt aber nicht so um, dass sich das Wasser in das Vorzelt ergießt, sondern in das Innenzelt und dabei direkt über meinen rechten Oberschenkel. Hektisch versuche ich mir die nasse Hose vom Leib zu reißen, aber das geht in einem engen Zelt nicht so schnell. Nachdem die Hose endlich ausgezogen ist, sehe ich das Ausmaß der Verbrühungen. An mehreren Stellen hängt die Haut bereits in Fetzen herunter und der ganze Oberschenkel ist feuerrot. Die Schmerzen steigern sich immer weiter, bis ich in einen Schockzustand verfalle und sich meine Finger so verkrampfen, sodass ich sie zu nichts mehr benutzen kann.
Die Sachsen eilen zu unserem Zelt und versuchen mir zu helfen. Nachdem sie das Ausmaß der Verletzung erkennen, funken sie hinunter zum vorgeschobenen Basislager, wo sich die Ärztin Elisabeth gerade befindet und holten sich dort Rat.
„Wundabdeckung und Gabe von starken Schmerzmitteln mit anschließendem sofortigem Abstieg" lautete die Anweisung.
Nach der Einnahme des Schmerzmittels lässt zwar der Schmerz nach, aber ich bin nicht mehr in der Lage, selbstständig zu entscheiden. Obwohl ich Peter mehrmals darum bitte hier oben zu bleiben, besteht er darauf mich herunterzubringen. Beim Abstieg achtet er immer darauf, dass ich keinen Fehler mache und so erreichen wir das vorgeschobene Basislager noch vor Dunkelheit. Dort wartet bereits Elisabeth auf uns und hat alles für die weitere Behandlung vorbereitet. Zuerst bekomme ich eine weitere Dosis Schmerzmittel gespritzt und danach wird die Wunde fachgerecht verbunden. Immer wieder ist mein Kreislauf kurz vor dem Zusammenbruch und Elisabeth hat voll zu tun, damit ich überhaupt noch etwas trinken und essen kann. Danach falle ich in einen tiefen Schlaf.

13. Mai 2000

ABC (5690 m) – Notabstieg in Basislager (4800 m)

Am Morgen geht die Prozedur mit erneutem Spritzen von Schmerzmittel und anschließendem Abstieg zum Basislager weiter. Der Abstieg über den mit Felsbrocken übersäten Gletscher gestaltet sich nun besonders anstrengend und schmerzhaft. Als wir im Basislager angekommen zeigte sich, dass der Verband diese Strapazen nicht überstanden hat und verrutscht ist. Entsprechend sieht jetzt die Wunde aus. Schnell noch etwas essen und dann geht es mit der Behandlung weiter. Wieder eine Spritze mit Schmerzmittel und dann kann die Operation im Feldlazarett beginnen. Zuerst werden die störenden Haare aus dem Wundbereich entfernt, danach die tote Haut in langwieriger Kleinarbeit entfernt. Ohne örtliche Betäubung fordert die Aktion gewisses Durchhaltevermögen. Glücklicherweise hat Elisabeth einen Satz keimfreier "Werkzeuge" dabei, sodass sie sich so richtig entfalten kann. Während der Operation verirrt sich auch noch ein Vogel in das Zelt und sorgt für große Aufregung, bis er hinausbefördert werden kann. Nach der Operation sieht es im Zelt dann wie nach einer Großoperation aus und die Atmosphäre ist eher etwas für Leute mit starken Nerven. Ich bis allerdings so mit Schmerzmittel vollgestopft, dass ich nicht viel mitbekomme. Das spricht für Elisabeth, die ihr Handwerk als Narkoseärztin sehr gut versteht. Anschließend muss ich in einer ausgiebigen Schlafeinheit erst einmal das Schmerzmittel wieder abbauen.
Peter hat sich in der Zwischenzeit um den Hubschrauberrückflug gekümmert. Da aber heute Samstag ist, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die erforderliche Genehmigung über das Wochenende besorgt werden kann.

14. Mai 2000

Vorbereitungen für den Rückflug

Es ist fantastisches Wetter und wir bereiten alles für den Rückflug nach Kathmandu vor. Ich könnte im Boden versinken über so ein Missgeschick, das mit dem Bergsteigen absolut nichts zu tun hat. Am späten Nachmittag kommt dann die Nachricht über das Satellitentelefon, dass morgen der Hubschrauber im Basislager eintreffen soll.

15. Mai 2000

Rückflug und Transfer nach Kathmandu

Um 6:00 Uhr stehen wir startklar am Hubschrauberlandeplatz und warten auf das Eintreffen des Hubschraubers. Dann um 7:30 schwebt der Hubschrauber auf uns zu. Schnell verladen wir alles und dann hebt er ab mit einem unbeschreiblichen Ausblick auf die Bergriesen Makalu, Everest, Lhotse und Ama Dablam. Bei den Gedanken, dass heute der Gipfeltag der Sachsen und Koreaner ist, sind meine Gefühle zwiespältig. Zum einen bin ich traurig, dass wir unsere Arbeit nicht zu Ende bringen und heute am Gipfel stehen können und zum anderen möchte ich so schnell wie möglich in eine Klinik in Deutschland, um nach meiner Wunde sehen zu lassen.
Nach 30 Minuten überfliegen wir Lukla, von wo aus wir vor 4 Wochen ins Basislager geflogen sind. Einige Minuten später landen wir in einem kleinen Ort und setzen von hier die Weiterreise mit einem Kleinbus nach Kathmandu fort. Nach 5 Stunden Fahrtzeit sind wir in Kathmandu im Hotel. Ich rufe gleich in Deutschland an und versuche einen Termin in Hautklinik in Tübingen zu bekommen.

16. Mai 2000

Einkäufe in Kathmandu

Zuerst bringe ich 150 Postkarten zur Post, die nun wirklich eine lange Reise hinter sich haben. Im Anschluss kaufe ich noch ein paar Geschenke in der näheren Umgebung vom Hotel, da ich nicht allzu weit gehen kann. Von Deutschland bekomme ich am späten Nachmittag die Bestätigung, dass ich am 18. Mai einen Termin in der in Hautklinik in Tübingen habe. Ein nettes Abendessen beim Schwager von Peter beschließt den letzten Tag in Nepal.

16. Mai 2000

Rückflug nach Deutschland

Um 6:00 Uhr fahren wir vom Hotel zum Flughafen. Die Waage am Flughafen ist defekt und so müssen wir auch nichts für unser Übergepäck bezahlen. Das Boarding zieht sich allerdings sehr in die Länge und so hebt die Maschine mit zwei Stunden Verspätung ab. Die Zwischenlandung in Dubai ist mit 15 Minuten ultrakurz und zum Einkaufen bleibt keine Zeit.

Nachspann

Am darauffolgenden Tag bin in dann in der Klinik in Tübingen und lasse den Verband in mühevoller Kleinarbeit wieder herunterschälen.
Die Ärzte sind sehr zufrieden mit dem Zustand der Wunde und loben die Arbeit der Expeditionsärztin. Bereits 4 Tage später ist die Wunde so weit verheilt, dass die Erfolgschancen zu einer baldigen Heilung sehr gut sind.

Danksagung

Besonderen Dank möchte ich meinem Freund Peter Guggemos aussprechen, der mich in aufopfernder Weise nach dem Unfall ins Basislager gebracht hat und somit auf den Gipfel verzichtet hat!
Bedanken möchte ich mich auch bei der Expeditionsärztin Elisabeth Eulerich, die mich mit ihrem hilfsbereiten und kompetenten Handeln vor weiteren Schäden bewahrt hat und die Voraussetzung für einen schnellen Heilungsprozess geschaffen hat.

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